Norbert Hofer hat Freund und Feind mit seinem Rücktritt überrascht. Nicht einmal loyale Mitstreiter wie Manfred Haimbuchner waren vom Parteichef vorab informiert worden. Hofer wollte sich eine scheibchenweise Demontage ersparen. Vergleichbare Beispiele gibt es ja genügend in der Innenpolitik.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl polarisiert nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die freiheitliche Partei. Dass er kein Burschenschafter ist, spielt heute eine untergeordnete Rolle. Es ist auch nicht der kantige Kurs, den Freiheitliche bei Hofer seit der Übernahme der FPÖ vor ziemlich genau zwei Jahren oft vermisst haben. Bezeichnenderweise die Klage eines Freiheitlichen aus dem Haimbuchner-Lager: "Hofer hat uns auch keinen Rückenwind gebracht."

Der radikale Schulterschluss mit den Corona-Leugnern hat in Teilen der FPÖ für Irritationen gesorgt, insbesondere im Lager des oberösterreichischen FPÖ-Parteiobmanns Manfred Haimbuchner. Er hat bei der Landtagswahl im Herbst mehr als 30 Prozent zu verteidigen und an einer Krawall-Rhetorik kein Interesse. Wie Haimbuchner die Zukunft der Partei sieht, hat er in einem gestrigen Dankes-Tweet an Noch-Parteichef formuliert: Hofer hat die "Partei strategisch dorthin gestellt, wo sie hingehört: Rechts der Mitte, mit einer bürgerlichen Ausrichtung und sowohl regierungs- oder koalitionsfähig."

Skepsis in Oberösterreich

Schon gestern Abend sind die Telefone in der FPÖ heiß gelaufen. Dass etwa das Haimbuchner-Lager Kickl skeptisch gegenüber  steht, ist das eine. Die andere Frage lautet eher: Haben sie eine personelle Alternative zum Kärntner? Dass sich Haimbuchner vor der Oberösterreich-Wahl als Bundesparteichef anbietet, wäre strategisch töricht. Er liefe Gefahr, sich eine weitere Front einzuhandeln. Kaum anzunehmen, dass Kickl unter einem Obmann Haimbuchner stillhalten würde. Noch dazu sitzt Haimbuchner nicht im Nationalrat, Kickl hätte die Bühne auch weiterhin für sich.

Während die Landesparteien aus Tirol, Salzburg, Kärnten und dem Burgenland ihre Unterstützung für Kickl kundgetan haben, sprach sich  Haimbuchner in der "ZiB" um 13 Uhr am Mittwoch erstmals öffentlich ganz klar gegen den Klubobmann als Parteichef aus. "Nach derzeitiger Sicht würde ich hier eine offensive Unterstützung nicht kundtun", sagte der Chef der gewichtigen Landesorganisation. "Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube, aber wenn es dann so ist, wie es ist, wird man es akzeptieren."

Vorher werde es aber noch Gespräche geben und "auch ich werde meinen
Beitrag dazu leisten", so Haimbuchner. Er  werde nicht kandidieren, weil er im Herbst eine Landtagswahl zu schlagen habe. "Ich bin diesem Bundesland treu, aber ich werde Wien nicht aus den Augen verlieren.

Kunasek will nicht so recht

Als Alternative wird immer wieder der steirischen FPÖ-Chef Mario Kunasek, doch dieser will lieber in der Steiermark bleiben.  Die Entscheidung fällt übrigens in den Gremien, wo die Oberösterreicher, die Steirer, die Wiener ein wichtiges Wörtchen mitzureden haben, nicht im Klub, wo Kickl seine Getreuen um sich schart.

Pressekonferenz am Nachmittag

Dass Kickl die FPÖ übernimmt, scheint gerade mangels Alternative höchstwahrscheinlich zu sein. Offen ist derzeit, ob bereits im Laufe des heutigen Tages die Würfel fallen. Am Nachmittag treten Obmann-Stellvertreter Harald Stefan, der als Ältester der Vizeparteichefs formal die Obmann-Agenden weiterführt, und Generalsekretär Michael Schnedlitz vor die Medien. Kickl kündigte am Dienstag an, zur Übernahme von Aufgaben in der Partei bereitzustehen: "Ich selbst bin bereit, meinen Beitrag dazu zu leisten." Er will nun mit Stefan und den übrigen Mitgliedern des FPÖ-Präsidiums über die nächsten Schritte beraten: "Ziel muss es sein, umgehend die volle Handlungsfähigkeit der FPÖ wiederherzustellen und die vorhandene Geschlossenheit nach außen
klar zu dokumentieren."