Die Justiz hat derzeit alle Hände voll zu tun, denn die heimische Politik bietet aktuell allerhand Anlass für Ermittlungen. Mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP) sind aktuell gar zwei Regierungsmitglieder in den Fokus der Ermittler geraten. Aber auch das Handeln ehemaliger Regierungsmitglieder wird durchleuchtet. Eine Übersicht über jene Politiker, gegen die aktuell ermittelt wird. Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)

Erst heute wurde bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen den Kanzler ermittelt. Er wird verdächtigt, im Ibiza-U-Ausschuss falsche Aussagen getätigt zu haben. Unter anderem soll das bei seinen Antworten rund um die Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrates geschehen sein. Auch gegen Finanzminister Blümel und Kurz' Kabinettschef Bernhard Bonelli wird in dieser Causa ermittelt.

In einer ersten Reaktion erklärte Kurz, dass er trotz Ermittlungen keinen Grund für personelle oder persönliche Konsequenzen sehe. Die Opposition fordert bei einer Anklage seinen Rücktritt.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) © APA/HELMUT FOHRINGER

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP)

Auch bei Blümel wird eine mögliche Falschaussage im U-Ausschuss geprüft. Das ist jedoch nicht die einzige Causa, in der gegen den Finanzminister ermittelt wird. Die WKStA prüft auch eine mögliche Bestechung und Bestechlichkeit im Zusammenhang mit einem Spendenangebot des Glücksspielkonzerns Novomatic an die ÖVP.

Der Verdacht lautet, dass die ÖVP dem Konzert im Gegenzug für eine Spende bei einem Steuerproblem in Italien geholfen haben soll. Blümel war damals zwar noch nicht Minister, sehr wohl aber Wiener Landesparteichef und engster Vertrauter von Kanzler Kurz. Bei Blümel wurde sogar eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Die ÖVP bestreitet das und betont, keine Spende von Novomatic erhalten zu haben.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP)
Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) © APA/HERBERT NEUBAUER

Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP)

Auch ehemalige ÖVP-Minister beschäftigen derzeit die Justiz. Der Name von Ex-Minister Löger findet sich auch in der Beschuldigtenliste in Sachen Postenschacher bei den Casinos Austria. Löger soll auf die Bestellung des FPÖ-Kandidaten Peter Sidlo gedrängt haben. Im Gegenzug sollen Novomatic-Glücksspiellizenzen in Aussicht gestellt worden sein. Löger wies dies zurück.

Erst im Februar wurde bekannt, dass Löger als Verdächtiger in einem weiteren Verfahren geführt wird. Es geht um Spenden des Privatklinik-Betreibers Premiqamed an die ÖVP. Löger soll die zwei 2017 und 2018 überwiesenen Spenden zu je 25.000 Euro an die Partei "ermutigt" haben - als Vorstandsvorsitzender der Uniqa Österreich Versicherungen AG und Aufsichtsratsvorsitzender der Tochterfirma Premiqamed. Die zweite Spende erfolgte, als Löger Finanzminister war. Zur selben Zeit wurde ein Gesetzesentwurf in den Ministerrat eingebracht, von dem die Premiqamed klar profitiert hatte. Löger weist die Vorwürfe auch hier zurück.

Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP)
Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) © APA/HANS KLAUS TECHT

Ex-Finanzminister Josef Pröll (ÖVP)

Auch Pröll bekam als Mitglied des Aufsichtsratspräsidiums der Casinos Austria ungebetenen Besuch von der Justiz. Auch bei ihm geht es um die Bestellung von Sidlo zum Finanzvorstand. Auch gegen ihn wird ermittelt und auch Pröll bestreitet die Vorwürfe, dass er in den möglichen Postenschacher involviert gewesen sei.

Ex-Finanzminister Josef Pröll (ÖVP)
Ex-Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) © APA/HANS PUNZ

Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache

Die meiste Arbeit dürfte die Justiz aktuell aber mit dem ehemaligen Vizekanzler und FPÖ-Parteichef Strache haben. Auch gegen ihn wird in Sachen Sidlo-Bestellung in der Causa Casinos ermittelt, auch bei ihm kam es bereits zu einer Hausdurchsuchung. Strache steht zudem im Zentrum einer Spesenaffäre, bei der es um mögliche Untreue geht.

Eine erste Anklage hat ihm aber der Verdacht eines möglichen Gesetzeskaufes eingebracht. Strache soll in seiner Zeit als Vizekanzler Anliegen des Privatklinikbetreibers Grubmüller forciert haben. Dieser hatte der FPÖ zuvor 10.000 Euro gespendet, zudem soll er einen Urlaub des Ehepaars Strache bezahlt haben. Zudem soll Strache in seiner Zeit als Vizekanzler von einem Glückspielbetreiber einen Urlaub auf einer Yacht angeboten bekommen haben. Der Vorwurf der Bestechung stehe nun im Raum. Strache bestreitet alle Vorwürfe.

Die Ermittlungen der WKStA zu Parteispenden an die FPÖ über parteinahe Vereine wurden inzwischen eingestellt.

Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache
Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache © APA/HERBERT NEUBAUER

Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP)

Der frühere Justizminister und Verfassungsrichter wird verdächtigt, vom ehemaligen Chef der Strafrechts-Sektion im Ministerium, Christian Pilnacek, den Termin einer Hausdurchsuchung erfahren und an seinen Klienten, den Investor Michael Tojner, weitergegeben zu haben. Brandstetter war bis 2017 Justizminister, die Hausdurchsuchung fand 2019 statt. Brandstetter weist den Vorwurf zurück.

Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP)
Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) © APA/GEORG HOCHMUTH

FPÖ-Parteichef Norbert Hofer

Auch gegen FPÖ-Parteichef Hofer laufen Ermittlungen. Die WKStA prüft weiterhin die Bestellung des Asfinag-Aufsichtsrates Siegfried Stieglitz. Hofer hatte diesen als Infrastrukturminister in den Aufsichtsrat bestellt. Davor und danach hatte Stieglitz je 10.000 Euro an den FPÖ-nahen Verein "Austria in Motion" gespendet. Zudem habe es eine Einladung zum Abendessen gegeben. Hofer dementiert die Vorwürfe.

FPÖ-Parteichef Norbert Hofer
FPÖ-Parteichef Norbert Hofer © APA/HELMUT FOHRINGER