Die Bandbreite an Stimmungsbildern, die der Ibiza-Untersuchungsausschuss bisher geliefert hat, ist groß. Quälend lange Ausschusstage mit langatmigen Befragungen wechselten sich mit spannungsgeladenem Polit-Hickhack und lautstarken Diskussionen. Letzteres scheint sich in letzter Zeit aber zu häufen. Eine der bisher schärfsten Debatten war am Dienstag geführt worden. Am späteren Nachmittag ging der Befragung des Kabinettchefs von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Bernhard Bonelli, eine hitzige Debatte voraus.
Denn kurz vor der Befragung wurde bekannt, dass gegen Bonelli eine Strafanzeige vorliegt. Darüber informierte Verfahrensanwältin Barbara Weiß, die bekräftigte, dass der Inhalt der Anzeige dem U-Ausschuss nicht bekannt sei. Was Bonelli ein verfassungsrechtliches Recht zu Schweigen einräume. So sah das auch Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl.
Schreiduell um Kurz-Kabinettchef
Ganz anders lautete die Einschätzung der Opposition. Da es sich bei der Anzeige wahrscheinlich um eine von den Neos bereits Ende März eingebrachte Sachverhaltsdarstellung wegen Falschaussage handle, könne sich Bonelli nicht entschlagen, bekräftigten SPÖ und Neos. Denn bei Aussagedelikten sei das nicht vorgesehen. Endgültig eskalierte die Situation, als der ohnehin umstrittene Vorsitzende Wolfgang Sobotka (ÖVP) einwarf, dass man sich nicht sicher sein könne, dass es sich um besagte Anzeige handle. Ein Schreiduell war die Folge - inklusive scharfer Kritik am Vorsitzenden. Als die Befragung doch durchgeführt wurde, entschlug sich Bonelli beinahe durchgehend - es gilt die Unschuldsvermutung. Um 23 Uhr wurde die Sitzung ohne wesentliche Erkenntnisse beendet.
Die Stimmung im Ausschuss sei schlecht wie in kaum einem zuvor, erklären vor allem Vertreter von SPÖ und Neos. Die ÖVP - inklusive Vorsitzendem Sobotka - versuche, Dinge zuzudecken. Und die FPÖ versuche konstant, sich zu rechtfertigen. Die Grünen seien wiederum in der schwierigen Lage, bei ihrem aktuellen türkisen Koalitionspartner nachzubohre. Und Sobotka wird von der Opposition regelmäßig tendenziöse Vorsitzführung vorgeworfen. All das führe zu einer teils explosiven Mischung an bissigen Zwischenrufen und lautstarken Debatten.
Katzian lobte ÖBAG
Deutlich friedlicher lief es übrigens bei der heutigen Befragung ab. Wenn auch mit einem etwas ungewohnt wirkendem Lob. ÖGB-Chef Wolfgang Katzian hatte bei seiner Befragung die unter Türkis-Blau vollzogene Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG gelobt. "Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das auch ein gutes Gesetz ist." Seine Ladung könne es sich jedoch nicht erklären. Diese kam übrigens von der ÖVP, um die "Doppelmoral und Scheinheiligkeit" der SPÖ in Sachen Postenschacher aufzuzeigen, wie ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger vor Beginn der Befragung erklärte. Worauf die SPÖ empört reagierte. Aber deutlich leiser als am Tag zuvor.