Seit Anfang Mai ist er ganz offiziell ÖVP-Sprecher im Ibiza-Untersuchungsausschuss: Andreas Hanger, 52 Jahre alt, seit Jugendtagen in der Partei engagiert, seit acht Jahren im Parlament. Bekannt war er bisher trotzdem nur Politik-Insidern. Doch das änderte sich in den letzten Wochen plötzlich.

Im U-Ausschuss fungierte Hanger bisher nur als Vertretung. Ein paar Mal für den Vorsitzenden Wolfgang Sobotka, seit Ende März für den Fraktionsführer Wolfgang Gerstl, als der nach einem Skiunfall ausfiel. Hanger sprang für ihn ein - und blieb. Vergangene Woche legte Gerstl die Führung komplett zurück. Beim heutigen Ausschusstag, an dem Öbag-Aufsichtsratspräsident Helmut Kern, der ehemaligen Außenministerin Karin Kneissl und Bernhard Bonelli, der Kabinettschef von Sebastian Kurz befragt werden, ist Hanger ganz offiziell Sprecher der ÖVP-Fraktion. „Ich werde die Rolle offensiv anlegen“, sagt er.

Durchbruch im April

In der Offensive fühlt der Niederösterreicher sich wohl. Sie verhalf ihm zum rasanten Aufstieg. Der begann mit seinem ersten Fernsehinterview bei einem Privatsender Anfang März. Zwei Tage später schickte ihn die Partei ins ZiB2-Studio, um die Chats von Öbag-Vorstand Thomas Schmid zu verteidigen. „Ich kann nicht gut Nein sagen“, sagt Hanger über sich selbst. Ob Obmann der Region Eisenstraße, Ehrenämter bei interkommunalen Kooperationen, Leitungsfunktionen beim Roten Kreuz oder eben Fernsehinterviews: Hanger tut, worum er gebeten wird.

Hanger ist seit 30 Jahren Ortsparteivorsitzender im niederösterreichischen Ybbsitz. In der Nachbargemeinde war Wolfgang Sobotka Bürgermeister. Die beiden schätzen einander sehr, Sobotka gilt als Hangers Mentor. Sobotka war es, der den Kommunalpolitiker 2013 ermutigte, für den Nationalrat zu kandidieren. Seitdem vertritt er auf dem ehemaligen Mandat von Alois Mock die niederösterreichische ÖVP im Parlament. Bisher eher zurückhaltend.

Rundumschlag per Presseaussendung

Doch seit den Fernsehinterviews ging es Schlag auf Schlag: Im April verschickte Hanger im Schnitt jeden zweiten Tag eine Presseaussendung. Er verteidigte seine Parteikollegen ÖVP („Der Finanzminister leistet hervorragende Arbeit“), ortete bei Burgenlands SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil „tiefergehende Verstrickungen in den Commerzialbank-Skandal“ nannte seine U-Ausschusskollegen Jan Krainer (SPÖ) und Stephanie Krisper (Neos) „selbsternannte Aufdecker“ und forderte sie zum Rücktritt auf.

Für Verwunderung sorgte, dass sich Hangers öffentliche Kritik auch an den eigenen Koalitionspartner richtete. Nachdem der ehemalige Grün-Abgeordnete Dieter Brosz Abteilungsleiter im Sportministerium wurde, fragte er per Aussendung zuerst „Liebe Grüne Tomaselli, wollt ihr uns pflanzen?“ und warf wenige Tage später Vizekanzler Werner Kogler vor, dass er den Begriff „Green Jobs“ offenbar falsch verstanden habe.

"Diese Lücke fülle ich aus"

„Wenn man den Eindruck hat, dass Gespräche nicht fruchtbringend sind, muss man das deutlicher sagen“, erklärt Hanger. Und warum war es ausgerechnet er, ein unbekannter Nationalratsabgeordneter, der das übernahm? „Weil ich in der Lage bin, pointiert zu formulieren.“ Als gelernter Regionalpolitiker wisse er, dass Konsens wichtig ist. Aber manchmal müsse man eben deutlicher werden. „Die laute Stimme hat es in der ÖVP bisher zu wenig gegeben“ sagt Hanger. „Diese Lücke fülle ich jetzt aus.“

Ist das nicht das Job-Profil eines Generalsekretärs? „In der üblichen Parteilogik schon“, sagt Hanger, „aber wir haben mit Axel Melchior einen ganz ausgezeichneten Generalsekretär. Wenn ich ihn dabei unterstützen darf, freue ich mich.“

Wenige Wochen bevor Hanger die politische Bühne betrat, konnte man in der niederösterreichischen ÖVP andere Töne vernehmen. Einigen Funktionären verteidigte Melchior die Partei nicht vehement genug, als (auch von den Grünen) Kritik auf sie einprasselte. Außerdem hielt er für das Empfinden von einigen nicht genug dagegen, als Wolfgang Sobotka wegen seiner Sitzungsführung im U-Ausschuss angegriffen wurde. Einen wie Sobotka, hörte man in Niederösterreich, brauche es jetzt als Generalsekretär.

Dann erschien Andreas Hanger auf der Bildfläche. Er will nicht den Job wechseln, sagt er. Aber: Hanger kann bekanntlich nicht gut "Nein" sagen.