Der Terroranschlag in Wien am 2. November des vergangenen Jahres zieht einen Zivilprozess gegen die Republik nach sich. Die Mutter einer beim Anschlag getöteten jungen Frau hatte das offizielle Österreich geklagt, da ihrer Meinung nach das Attentat hätte verhindert werden können. Sie fordert auch mehr Schmerzensgeld. Für Mitte Mai wurde ein Termin am Landesgericht für Zivilrechtssachen angesetzt.

Auch eine Klagebeantwortung seitens der Republik liegt bereits vor. Darin wird bestritten, dass schuldhaftes oder rechtswidriges Verhalten seitens der staatlichen Behörden vorgelegen sei. Nach dem damaligen Informationsstand habe man die richtigen Handlungen gesetzt.

Der Klägerin war bereits eine einmalige Pauschalentschädigung von 2.000 Euro als Schmerzensgeld genehmigt worden. Nun fordert die Frau allerdings ein Schmerzensgeld von 80.000 Euro, weil sie seit dem Attentat eine behandlungsbedürftige Depression sowie einen erheblichen Trauerschaden erlitten habe.

Dazu kommen soll noch ein sogenanntes Feststellungsbegehren, da eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass "unfallkausale Spät- und Dauerfolgen zurückbleiben", heißt es in der zu Beginn des Jahres eingereichten Klageschrift. Dafür soll es weitere 20.000 Euro Schmerzensgeld geben. Und auch die Bestattungskosten sollen von der Republik Österreich übernommen werden. Insgesamt betragen die Forderungen daher knapp 125.000 Euro.

Opfer fühlen sich im Stich gelassen

Insgesamt 18 Opfer und Hinterbliebene fühlen sich von der Republik im Stich gelassen. Den meisten von ihnen wurden nur 2.000 Euro Schadenersatz zuerkannt. Ihr Anwalt macht geltend, dass den Behörden bekannt gewesen sei, dass der Täter Kontakte zu einer vermuteten Terrorzelle gehabt und radikale Islamisten aus Deutschland und Österreich bei sich übernachten lassen habe. Kenntnis habe die Polizei auch vom versuchten Munitionskauf in Bratislava gehabt.

Wolfgang Peschorn, als Präsident der Finanzprokuratur der Anwalt der Republik, bekundete Freitagabend in der ZiB 2 Verständnis für die Betroffenen: "Ein Terrorattentat führt zu großem Leid, das ist schrecklich für die Betroffenen."

Die Republik Österreich komme ihrer Verantwortung nach. Dazu gehöre, neben der finanziellen Unterstützung, die strafrechtliche Aufarbeitung der Vorgänge, der Wille, für die Zukunft daraus zu lernen und der emotionale Beitrag, "das Fühlen, das Zusammensein mit den Opfern". Bundespräsident Alexander Van der Bellen habe allen Betroffenen, den Opfern und den Angehörigen, ein Schreiben zukommen lassen, in dem er das Beileid und die Anteilnahme der Republik ausgedrückt habe.

Kein Verschulden

In Bezug auf die finanzielle Entschädigung könne die Finanzprokuratur nur auf dem Boden der bestehenden Gesetze agieren: Die unabhängige Untersuchungskommission unter der Leitung von Ingeborg Zerbes habe festgestellt, dass es "Fehlverhalten" des Staatsschutzes gegeben habe, aber kein individuell schuldrechtliches Verhalten. "Es bestand kein ausreichender Verdacht dafür, gegen den vorzeitig aus der Haft entlassenen späteren Täter vorzugehen. Nach Bekanntwerden des versuchten Munitionskaufs wurden Maßnahmen eingeleitet, die aber zu spät kamen. Der Präsident der Finanzprokuratur: "Die Untersuchungskommission kam zum Schluss, dass das Attentat durch kein behördliches Handeln verhindert werden hätte können, selbst bei einem funktionierenden Polizeiapparat, der hier eben nicht optimal funktioniert hat."

Das ändere nichts an Leid und Schäden der Betroffenen, aber man müsse sachlich bleiben: "Der Täter ist primär verantwortlich, und er haftet dafür. Die Republik tritt in die Ansprüche ein und finanziert einen Teil aus den Mitteln des Verbrechensopfergesetzes."

Hoffnung auf Gesetzesnovelle

Auf Basis des Gesetzes sei derzeit keine höhere Entschädigung möglich, "alles andere wäre gesetzwidrig und strafrechtlich relevant". Aber es werde derzeit daran gearbeitet, das Verbrechensopfergesetz nachzubessern, "damit die Solidargemeinschaft aller Steuerzahler noch stärker für die Opfer in Vorlage treten kann."

Wie diese Novelle aussehen könnte und welche Beträge für den Schadenersatz vorgesehen sind, wollte der Beamte Peschorn nicht sagen. "Das ist Gegenstand der politischen Verhandlungen, dem will ich nicht vorgreifen."

Die Opfer hoffen, dass diese Novelle auch rückwirkend noch höhere Entschädigungen ermöglicht.