"Auf den letzten Metern" befinde sich die Beschaffung des russischen Impfstoffs Sputnik V erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)vor fast genau einem Monat. Nach einem Treffen mit dem russischen Botschafter Dmitri Ljubinski in Wien kündigte Kurz damals an, dass Österreich bis Ende April 300.000 Dosen des Vakzins erhalten werde. Weitere 700.000 Dosen sollten es bis Anfang Juni sein.

Auch am letzten Tag des Aprils ist noch keine Lieferung des Impfstoffs in Österreich angekommen, obwohl Kurz Ende März von einer "verbindlichen Lieferzusage" sprach. Grund dafür sei die fehlende Zulassung der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA, wie Kurz am Freitag erklärt.

"Wir haben uns in der Koalition darauf verständigt, dass der Impfstoff nur mit EMA-Zulassung zum Einsatz kommen wird. Das bedeutet auch, dass nur eine Lieferung stattfindet, wenn es eine Zulassung gibt", sagt Kurz. Es bringe schließlich niemandem etwas, wenn der Impfstoff nur herumliege. 

Schon im März war allerdings absehbar, dass die Zulassung der EMA noch mehrere Monate dauern würde. In den letzten Tagen haben sich die Vorbehalte gegenüber Sputnik V noch einmal deutlich verstärkt. So berichtet die "Zeit", dass noch immer essenzielle Daten für das europäische Zulassungsverfahren fehlen würden. Veröffentlichte Studiendaten über den Impfstoff weisen zudem Mängel auf. 

An EMA-Zulassung ist derzeit nicht zu denken

Wie problematisch der Einsatz des Impfstoffs sein könnte, zeigen jüngste Analysen der Arzneimittelbehörde in Brasilien. Sie verwehrte Sputnik V zuletzt aufgrund schwerer Produktionsfehler die nationale Zulassung. Untersuchungen der Behörde ergaben, dass das Vektorvirus der zweiten Sputnik-Teilimpfung, das humane Adenovirus 5, nicht unschädlich gemacht wurde. 

Besagtes Virus sei zwar grundsätzlich harmlos, für Menschen mit einem schwachen Immunsystem könnte es aber zur Gefahr werden, wie die renommierte US-Virologin Angela Rasmussenauf Twitter erklärt. Vor zwei Wochen entschied sich bereits die Gesundheitsbehörde der Slowakei gegen eine Empfehlung des russischen Impfstoffs. Der Grund: Man habe nicht genügend Informationen, um über Nutzen und Risiko von Sputnik V urteilen zu können.

"Durch die zuletzt erhobenen Vorwürfe wird das Vertrauen in den Impfstoff definitiv nicht erhöht, sondern mit jeder Kleinigkeit mehr erschüttert", sagt Pharmakologe Markus Zeitlinger, der für die EMA beim Zulassungsverfahren für Sputnik tätig ist. Aufgrund fehlender Daten sei derzeit an eine Zulassung nicht zu denken, stellt er klar.

Wurde für Sputnik bereits bezahlt?

Für Bundeskanzler Kurz geben die Meldungen der letzten Tage keinen Anlass, um vorzeitig von einem Sputnik-Kauf Abstand zu nehmen. Die Berichte aus anderen Ländern würden derzeit im Gesundheitsministerium geprüft werden, sagt er.

Grundsätzlich sei man aber auf dem Weg, die Verhandlungen mit Russland zu einem Abschluss zu bringen. Auf Nachfrage eines Journalisten, ob schon Geld für Sputnik ausgegeben wurde, antwortet Kurz lediglich: "Wir sind bei den Verhandlungen auf einem guten Weg und de facto fertig."

Gleichzeitig habe sich die Situation in Österreich durch die vorzeitige Lieferung von 1,2 Millionen Dosen des Impfstoffs von Biontech/Pfizer entspannt, betont der Kanzler. Es würde aber grundsätzlich nicht schaden, wenn man bei den Impfstoffen noch breiter aufgestellt sei, heißt es dazu aus dem Kanzleramt. Um das Ziel, allen Impfwilligen bis Sommer eine Impfung anbieten zu können, zu erreichen, sei es aber nicht mehr zwingend notwendig, auf Sputnik zu setzen.