Der vormalige Impfkoordinator Clemens Martin Auer war heute Gast im "kleinen U-Ausschuss" zu den Beschaffungen in der Coronakrise.

Der Spitzenbeamte wollte sich zwar öffentlich nicht äußern, nach Angaben von Sitzungsteilnehmern wies er aber die Verantwortung für nicht bestellte Impfstoffe von sich. Demnach habe er wegen eines Kostendeckels nicht anders agieren können. Zudem soll er betont haben, dass sowohl Gesundheitsminister als auch Kanzler informiert gewesen seien.

Im Fokus von Auers Befragung in der nicht öffentlichen Sitzung stand die Frage, wieso Österreich nicht sein maximal verfügbares Kontingent an Impfstoffen vor allem von Johnson & Johnson und Biontech/Pfizer abgerufen hat.

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte dafür einen Alleingang des Impfkoordinators verantwortlich gemacht. Der vormalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) war ebenfalls auf Distanz zu Auer gegangen, der auch seine Position als Koordinator verließ.

Auer soll in mehreren Gremien über Impfstoffkauf berichtet haben

"Auer hat bestätigt, dass mit dem vorhandenen Finanzdeckel von 200 Millionen Euro nicht mehr Impfstoff einzukaufen war", sagt SPÖ-Fraktionsvorsitzende Karin Greiner nach der Befragung. Diesen Rahmen habe es bis Ende 2020 gegeben, erst danach wurde er erhöht. Er habe ausschließlich innerhalb seiner Möglichkeiten gehandelt, soll Auer betont haben.

Dass er auf eigene Faust Entscheidungen über den Impfstoff-Kauf getroffen habe, bestritt Auer in der Befragung. "Er gab zu Protokoll, dass er mit Anschober in Ministeriumskreisen und im nationalen Impfgremium darüber berichtet habe, welche Möglichkeiten Österreich zur Verfügung stehen würden", sagt der FPÖ-Abgeordnete Wolfgang Zanger.

"Wenn der Bundeskanzler also behauptet, dass weder er noch der Gesundheitsminister informiert worden seien, dass es mehr Möglichkeiten zur Impfstoffbeschaffung gab, dann ist das nachweislich nicht wahr", schlussfolgert Zanger.

Es sei "weltfremd", wenn man glaubt, dass ein einzelner Beamter alle Entscheidungen getroffen hat, meint Neos-Abgeordneter Douglas Hoyos nach der Befragung. Das Bundeskanzleramt und engste Mitarbeiter von Kurz, wie etwa Kabinettschef Bernhard Bonelli, seien seit Dezember regelmäßig über den Status bei der Impfstoffbeschaffung informiert worden.

"Wenn Kurz sagt, er sei ahnungslos, dann ist er selbst dafür verantwortlich", so Hoyos, der das Verantwortungsbewusstsein des Bundeskanzlers scharf kritisiert.

"Schäbiges Verhalten" des Bundeskanzlers

"Kurz hat sich aber über Monate nicht für das Thema Impfen  interessiert. Es ist heute klar, dass es erst im März mit Auer das erste Gespräch gegeben hat. Wenn ich etwas zur Chefsache erkläre, dann muss ich auch mit den zuständigen Beamten sprechen", so Hoyos.

Stattdessen habe Kurz die komplette Verantwortung an Auer abgeschoben, als sich herausstellte, dass es zu wenig Impfstoff gibt. "Ich halte das für ein schäbiges Verhalten eines Bundeskanzlers", sagt Hoyos.

Auer hätten diese Anschuldigungen auch sichtlich getroffen, so der Eindruck des Neos-Abgeordneten. "Man hat bei der Befragung einen starken Schmerz aufgrund des öffentlichen Umgangs mit ihm spüren können. Das ist auch nachvollziehbar. Einen langjährigen Beamten auf diese Art und Weise anzuschießen, wie es die ÖVP gemacht hat, war letztklassig."

ÖVP: Impfdeckel ein "Schwachsinn"

Schon vor der gemeinsamen Oppositions-Pressekonferenz hatte sich VP-Fraktionschef Andreas Hanger über Rot, Blau und Pink geärgert. Denn dass es einen Impfdeckel gegeben habe, sei "Schwachsinn" und auch von Auer nicht behauptet worden.

Was in der Sitzung gesagt werde und was danach von der Opposition darüber berichtet werde, sei wie Tag und Nacht. Überdies sei Österreich beim Impffortschritt unter Auer auf Platz 20 gelegen, ohne ihn jetzt auf Rang vier. Hanger meint, dies sei unter anderem dem Bundeskanzler zu verdanken.

Heraus aus dem Zank zwischen ÖVP und Opposition hielten sich die Grünen. Deren Mandatar David Stögmüller meinte in einem schriftlichen Statement zur Befragung Auers, in einem Jahr Pandemie hätten alle viel dazulernen müssen: "Wir machen heute vieles anders als vor einem Jahr." Wichtig sei, dass man aus vergangenen Erfahrungen lerne und mögliche Empfehlungen für Verbesserungspotenziale aufzeigen könne.