Der Rücktritt von Gesundheitsminister Rudolf Anschober kam nach seinem wiederholten gesundheitlichen Ausfall zwar nicht ganz überraschend, aber trotzdem plötzlich – auch für seine Regierungspartner.

Bundeskanzler Sebastian Kurz habe erst am Dienstag in der Früh von Anschobers Rücktritt erfahren. "Aus vielen persönlichen Gesprächen, nächtelangen Sitzungen und teils auch schwierigen Verhandlungen mit ihm weiß ich, mit wie viel Engagement er seine Aufgabe als Gesundheitsminister wahrgenommen hat", sagt er: "Sein Rücktritt zeigt, dass die Pandemie nicht nur für jeden Einzelnen in der Bevölkerung eine Belastung ist, sondern auch für einen politisch Verantwortlichen, der Tag und Nacht im Einsatz ist und Entscheidungen treffen muss." Kurz übermittelt Genesungswünsche und Dank: "Ich danke ihm im Namen der Bundesregierung, aber auch ganz persönlich, für seine Arbeit, vor allem aber wünsche ich ihm, dass er sich gesundheitlich sehr schnell wieder erholt."

SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner zollt Anschober Respekt: "Lieber Rudi Anschober, großer Respekt für Deine schwierige Entscheidung", schreibt sie auf Twitter. Auch sie bedankt sich für den Einsatz und wünscht gute Besserung.

Der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried ergänzt: "Eine Ursache für Anschobers Entscheidung ist sicher auch die fehlende Unterstützung des türkisen Koalitionspartners. Er wurde von Kanzler Kurz oft im Regen stehen gelassen und sogar Opfer von Attacken der Türkisen."

"Eine gute Entscheidung"

Für FPÖ-Chef Norbert Hofer ist Anschobers Rücktritt eine "logische Konsequenz". Er hat den Gesundheitsminister in den letzten Monaten mehrfach zum Rücktritt aufgefordert. "Er war in seiner Funktion nicht die richtige Besetzung für ein Ministerium, das in der Pandemie die Hauptverantwortung trägt", so Hofer. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sieht auch die ÖVP in der Verantwortung: "Anschober ist auch Opfer der Zermürbungsstrategie seines Koalitionspartners, der ihn systematisch und gezielt ramponiert hat", so Kickl.

Für Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger ist der Rücktritt auch eine gute Entscheidung für Österreich. „Es braucht Handlungsfähigkeit und Entscheidungsstärke und einen dringenden Neustart im Pandemiemanagement", sagt sie.

Lob von Parteikollegen

Anerkennung kommt aus Anschobers (politischer) Heimat: "Rudi Anschober hat in dieser unsicheren und fordernden Zeit der Pandemie vielen Menschen Hoffnung und Sicherheit gegeben. Dabei hat er immer mit großer politischer und auch menschlicher Qualität agiert", sagt Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer

Aus Oberösterreich meldete sich Grünen-Klubobmann Gottfried Hirz zu Wort: "Er hat in erster Reihe, hauptverantwortlich und selbstaufopfernd gegen diese beispiellose Pandemie gekämpft und zentrale Schritte für deren Bewältigung auf den Weg gebracht – unter schwersten Rahmenbedingungen und gegen viele Widerstände."

Für die Wiener Grünen hat Anschober gar "Übermenschliches" geleistet: "Er war immer um Konsens und Zusammenarbeit mit den Bundesländern bemüht, um für die notwendigen Corona-Maßnahmen Akzeptanz bei den Menschen zu erreichen."

"Konstruktive Zusammenarbeit""

„Als Vorsitzender der LH-Konferenz war ich regelmäßig in Kontakt mit Minister Rudi Anschober. Wir waren klarerweise nicht immer einer Meinung, aber wir hatten immer eine gute Gesprächsbasis und er hat sich mit ganzer Kraft für den Kampf gegen die Pandemie eingesetzt", sagt der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP).

In Kärnten findet man Anschobers Rücktritt "bedauerlich, aber verständlich". Am Beispiel des Gesundheitsministers werde wieder einmal deutlich, dass „wir alle keine Maschinen sind. Wir sind Menschen. Es ist bemerkenswert, dass er die Reißleine gezogen hat“, meint Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), der zudem konzediert, dass mitunter schon der Eindruck entstanden sei, dass Anschober von der Regierungsspitze allzu oft ohne nötige Rückendeckung alleine gelassen wurde.

Die Salzburger Landesregierung unter Wilfried Haslauer (ÖVP) sah in Anschober einen "Garanten für korrekte und konstruktive Zusammenarbeit". Auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ebenfalls ÖVP) sagt: "Unsere Zusammenarbeit war und ist stets von großer Sachlichkeit und gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Wir alle wissen: Rudi Anschober erfüllt seine Aufgaben – in den letzten Monaten als Gesundheitsminister, zuvor als Mitglied der oberösterreichischen Landesregierung – immer mit großem Einsatz."

Anerkennung kam auch von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), den Anschober in seiner Rücktrittsrede explizit gelobt hatte: "Sein kompetenter und menschlicher Charakter zeichnen den Rudi als Mensch, als Minister und Politiker aus", so Ludwig: "Das galt insbesondere in der stets konstruktiven und positiven Zusammenarbeit der vergangenen Monate."

"Nicht immer einer Meinung"

Die Sozialpartner, mit denen Anschober über viele Corona-Maßnahmen verhandelte, sind sich einig: Man sei sich nicht immer einig gewesen, aber der Austausch sei stets von Respekt geprägt gewesen. Das ließen ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und WKÖ-Präsident Harald Mahrer in beinahe wortgleichen Stellungnahmen verlautbaren. „Mit Umsicht und Besonnenheit hat er einen wesentlichen Beitrag geleistet, damit Österreich die Corona-Pandemie bewältigen kann“, sagte der Präsident der Industriellenvereinigung Georg Knill.

Lob aus der Branche

Sehr viele Blumen wurden Anschober von Vertretern der Gesundheitsbranche gestreut. Für den Generalsekretär der Interessensvertretung der Pharmabranche, Alexander Herzog, hat Anschober "großartige Arbeit geleistet". Er habe "in einer ganz zentralen Position durchwegs mit Sachverstand, Weitblick und großer Verantwortung gehandelt".

"Anschober hat immer mit Besonnenheit und viel Verständnis für alle Beteiligten agiert“, sagt Peter Lehner, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger. Und Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, meint: "Es war mir eine große Ehre, mit Rudi Anschober zusammenzuarbeiten, sowohl auf fachlicher als auch auf persönlicher Ebene."

Bedauern in der Zivilgesellschaft

Michael Landau, Präsident der Caritas Österreich, reagiert mit Bedauern auf den Rücktritt von Bundesminister Rudolf Anschober: „Ich habe Rudolf Anschober als einen Menschen kennengelernt, für dessen Handeln nicht wahlstrategische Gründe maßgeblich waren, sondern – aus sozialer Verantwortung heraus – das Gemeinwohl und die Gesundheit der Menschen in unserem Land. Vor allem seine Dialogbereitschaft und Konsensorientierung schätze ich sehr.“