Sozial- und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat heute in einer "persönlichen Erklärung" seinen Rücktritt bekannt gegeben.

Seit mehr als einer Woche ist Anschober wegen Krankheit entschuldigt, derzeit vertritt ihn Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler. Offizielles Statement zu seinem Gesundheitszustand gibt es weiterhin keines, Kogler nannte nur vage "Kreislaufprobleme", deretwegen Anschober sich wie schon einmal vor einigen Wochen im Spital hatte untersuchen lassen.

Als möglicher Nachfolger für Anschobers Sessel galt Stefan Wallner, ehemals Geschäftsführer der Caritas, später jener der Grünen. Inzwischen gilt jedoch der Wiener Allgemeinmediziner Wolfgang Mückstein als Favorit im Rennen um Anschobers Nachfolge.

"15 Monate wie 15 Jahre"

Mit ernster Miene stellte sich Anschober ans Glaspult im Gesundheitsministerium und erklärte mit bebender Stimme, dass sich die letzten 15 Monate in seiner Funktion wie 15 Jahre angefühlt haben. Er habe die Aufgabe mit Freude erfüllt und viel auf den Weg gebracht. Er habe immer auf Zusammenarbeit mit Koalitionspartner und Ländern gesetzt.

Die Pandemie habe das Ministerium aber an seine Grenzen gebracht - genau wie ihn selbst. "Da sind erhebliche Mühlen entstanden", Zeitdruck und Parteitaktik seien spürbar gewesen. Er bedankte sich dezidiert bei Wiens sozialdemokratischem Bürgermeister Michael Ludwig, Dank an den türkisen Koalitionspartner gibt es jedoch keinen. "Aber in Summe glaube ich, dass wir gute Arbeit gemacht haben. Denn jeder macht Fehler, wenn man Neuland beschreitet." Am erfolgreichsten sei man immer dann gewesen, wenn man zusammengearbeitet habe.

Er selbst und sein Umfeld seien Bedrohungen ausgesetzt gewesen, auch das habe ihn viel Kraft gekostet. Er habe sich oft "sehr alleine gefühlt", als er in der dritten Welle vor schnellen Öffnungen gewarnt hatte. Die Lage sei weiterhin ernst. Die Pandemie habe aber auch sein Leben verändert. Er habe versucht, "alles zu geben, mit aller Kraft Verantwortung übernommen". Er habe seit 14 Monaten "praktisch durchgearbeitet" und "ich habe mich dabei offenbar überarbeitet". Er habe steigende Blutdruckwerte, Zuckerwerte und beginnenden Tinnitus erlebt, ein Kreislaufkollaps war die Folge. "Für Erkrankungen braucht sich niemand zu schämen", deshalb habe er darüber gesprochen.

"Bin überarbeitet und ausgepowert"

Danach habe er es noch einmal versucht. Ein "Burn-out" sei das aber nicht, "dann würde ich nicht hier stehen, dann hat man für so was keine Kraft mehr". "Ich bin überarbeitet und ausgepowert, das ist es." Die Probleme seien wiedergekommen, vor einer Woche folgte der zweite Kreislaufkollaps. Er habe "die Notbremse ziehen müssen". Ärzte hätten ihm zu einer Auszeit geraten. Das wäre normalerweise möglich, aber nicht in einer Pandemie. Deshalb habe er entschieden, dass die Republik einen fitten Minister brauche. "Und das bin ich nicht." Er wolle sich auch nicht "kaputtmachen". Deshalb habe er sich dazu entschieden, seine Funktion niederzulegen. Am kommenden Montag soll sein Nachfolger angelobt werden. Kogler werde ihn bis dahin vertreten.

In den nächsten Wochen wolle er sich darauf konzentrieren, gesund zu werden. "Ich habe noch keine konkreten Pläne für die Zeit danach." Er werde aber sein Wissen und seine Kompetenz weitergeben. Irgendwann wolle er seinen "ersten politischen Roman" schreiben. Er bedankte sich, gegen Tränen kämpfend, "bei meiner großartigen Partnerin", mit der er "so richtig zusammengewachsen" sei. Er bedankte sich auch bei seinen Mitarbeitern. Und Richtung Medienvertreter erklärte er: "Und Ihnen sage ich: Auf Wiedersehen." Begleitet von leisem Applaus verließ Anschober dann den Saal.