Wohin steuert die FPÖ bei staatlichen Vorgaben zur Eindämmung des Coronavirus? Eindeutig ist die Parteilinie nicht: Während sich ein Flügel der Partei an der Seite von Corona-Verharmlosern positioniert hat, in den zahlreichen Einschränkungen einen Angriff auf Freiheit und Wohlstand sieht und sich in Fundamentalopposition übt, versucht ein anderer Teil, kritisch, aber konstruktiv zu bleiben.

Kaum wo kommt dieser Richtungskonflikt so stark zur Geltung wie im Parlament - von den Verordnungen des Gesundheitsministers ausgenommen - selbst: Hier hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Dienstag nach Beratungen mit allen Fraktionen eine FFP2-Maskenpflicht verordnet. "Was für Herrn und Frau Österreicher gilt, gilt auch für uns im Hohen Haus", so Sobotka.

Kickl: "Trage auch weiter keine Maske"

In den Reaktionen zeigen sich die beiden Strömungen unter den Freiheitlichen: FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl hatte noch gestern betont, auch künftig ohne Masken an Nationalratssitzungen teilnehmen zu wollen: "Ich bin für die Freiwilligkeit der Maßnahmen und erachte das auch nicht als Privileg. Wir kämpfen dafür, dass alle Menschen die Freiwilligkeit im Land bekommen", so Kickl; im Supermarkt würde trage er zwar eine FFP2-Maske, "weil ich dort muss. Hier muss ich nicht."

 Der Freiheitliche Christian Hafenecker verzichtete im heutigen U-Ausschuss ebenfalls auf die Maske

Er ortet im Vorstoß Sobotkas außerdem ein "Ablenkungsmanöver" von den Korruptionsermittlungen gegen die Volkspartei sowie ein "Bashing gegen FPÖ-Abgeordnete". Außerdem seien es nicht nur freiheitliche Abgeordnete, die im Parlament keine Maske tragen.

Kickl fordert erneut Evidenz für eine Maskenpflicht: "Ich möchte Zahlenmaterial und Parameter, warum die Maßnahme jetzt und nicht schon vor vier Monaten in Kraft getreten ist", die FPÖ werde die Maßnahmen juristisch prüfen.

Hofer: "Ich respektiere die Hausordnung"

Parteichef und Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer dagegen geht am Mittwoch auf Distanz zu Kickl: Zwar erlaube es das freie Mandat, sich im Parlament der Hausordnung zu entziehen; aber "wer das tut, stellt sich aber in einer Selbstüberhöhung über alle Menschen, die sich an Regeln halten müssen", schreibt Hofer auf Twitter. "Ich respektiere als Präsident die Hausordnung und erwarte das von allen Abgeordneten."

Für Hofer ist das gleich eine mehrfache Gratwanderung: Nicht nur zwischen der Verweigerung Kickls und den gemäßigteren Teilen der Partei, sondern auch zwischen dem Großteil der Bevölkerung, der die Maßnahmen nach wie vor akzeptiert und jenem kleineren, der sie für überzogen hält. Hofer liebäugelt nach wie vor mit einer erneuten Kandidatur als Bundespräsident 2022; mit Fundamentalopposition dürfte er dort keine großen Chancen sehen.

Kickl erklärt auf Hofers Intervention hin gegenüber der "Wiener Zeitung", er kommuniziere mit seinem Parteiobmann nicht via Twitter oder Medien. Nachsatz: "Alles andere wäre selbstüberhöhend." Am Freitag steht eine Klubsitzung an.

Insgesamt spielt die FPÖ ein langes Spiel, indem sie sich als maßnahmenkritische Partei positioniert, hatte Politikwissenschaftler Peter Filzmaier schon vor Monaten analysiert: Wenn der wirtschaftliche Folgeschaden der Maßnahmen in den kommenden Monaten und Jahren fühlbar wird, könnte die Partei die Frustrierten auf diese Art abholen.