Bei der Beschaffung von Impfstoffen hat es im Gesundheitsministerium offenbar doch Ungereimtheiten gegeben. Der zuständige Spitzenbeamte Clemens Martin Auer zieht sich aus dieser Funktion zurück, weil er zu einem bestimmten Zeitpunkt Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) über die Möglichkeit zur Beschaffung von zusätzlichem Impfstoff von BioNTech/Pfizer nicht informiert hat. Das sagte Anschober im "Ö1"-Morgenjournal" am Montag.

Die ÖVP hatte die Suspendierung Auers gefordert. Für eine Suspendierung würden die Verfehlungen nicht reichen, erklärte Anschober. Auer hätte ihn aber über diesen zweiten Topf, wo mehr Impfstoff abgerufen hätte werden können, informieren müssen und das habe er nicht getan. Der ÖVP-nahe Beamte hat eigenmächtig auf weitere Bestellungen verzichtet, obwohl genug Geld zur Verfügung gestanden ist.

Laut Finanzministerium ist erst ein Viertel des Impf-Budgets ausgeschöpft. Aus dem Rahmen von 200 Millionen Euro seien bisher lediglich 53 Millionen Euro für Corona-Impfstoff ausgegeben worden. Die Bundesregierung hat zunächst im Sommer/Herbst 24 Mio. Dosen und damit eine Überausstattung bestellt. Das sei im Ministerrat so beschlossen und damit auch der ÖVP bekannt gewesen, erklärte Anschober.

Als man im Jänner gemerkt habe, dass BioNTech/Pfizer ein sehr attraktiver Impfstoff ist, habe man - wie viele andere Staaten - Zusatzverträge geschlossen und die Gesamtbestellung von 24 auf 31 Mio. Dosen erhöht. In diesem zweiten Zuweisungsverfahren habe es in einem zweiten Topf nicht abgerufene Mengen gegeben, darüber sei er von Auer nicht informiert worden. "Diese Information hätte ich haben müssen." Die Aufgabe von Auer als Impfkoordinator übernimmt jetzt Katharina Reich, Chief Medical Officer im Gesundheitsministerium, sagte Anschober.

Dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) während seines Krankenstands sein Ressort attackiert habe, bezeichnete Anschober als "ungewöhnlichen Zeitpunkt, aber ich gehe zur Tagesordnung über und will mein Bestens geben". Seinen Gesundheitszustand beschreibt der Minister als gut, er habe keinen Burnout gehabt, sondern nur einen Kreislaufkollaps, aufgrund von Überarbeitung. Er habe sich aber durchchecken lassen und sei nun guter Dinge.

ÖVP-Gesundheitssprecherin Gaby Schwarz, die am Wochenende die Suspendierung Auers gefordert hatte, begrüßt den Rückzug des Spitzenbeamten: "Der von Anschober bestätigte Alleingang von Auer unterstreicht, dass dessen Rückzug die richtige Lösung war. Jetzt braucht es gemeinsame Anstrengungen, um für genug Impfstoff zu sorgen. Zudem wird es vollumfängliche Transparenz seitens des Gesundheitsministeriums geben", so Schwarz in einer Aussendung.

Anschober warnte indes in dem Interview vor einer dritten Infektionswelle und kündigte einen Erlass für die Länder an, damit die Impfungen wieder einheitlicher verabreicht werden. Es müssten zuerst die Älteren und die Risikogruppen geimpft werden, so der Minister.

Keine neuen Lockerungen erwartet

Ursprünglich wollten sich Bundesregierung und Landeshauptleute heute wieder im Kanzleramt treffen, um nach intensiven Beratungen mit Epidemiologen und Virologen neue Maßnahmen – egal ob Lockdowns oder Lockerungen – zu beschließen. Doch das Treffen wurde nun nur noch zu einer Videokonferenz heruntergestuft. Ziel sei es, eine Zwischenbilanz zu ziehen – weitere Öffnungsschritte für die Zeit nach Ostern sind nicht zu erwarten. Man wolle kommende Woche die Lage noch beobachten, hat es zuletzt im Bundeskanzleramt geheißen.

Was wohl kein großer Schaden ist: Denn einerseits schaut es angesichts steigender Inzidenzzahlen im Land ohnehin düster für weitere Öffnungsschritte aus, andererseits hat die Regierungsspitze auch anderweitig ausreichend Gesprächsbedarf.

An der Sitzung wird nach sechstägiger, krankheitsbedingter Absenz auch wieder Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) teilnehmen. Jener Minister also, dessen Haus Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine ÖVP in den vergangenen Tagen im Streit um die Beschaffung von Impfstoffen direkt attackiert hatten - die Aufforderung zur Suspendierung zweier Spitzenbeamter inklusive.

All das, während der Ressortchef außer Gefecht war: Anschober hatte sich seit Dienstagfrüh krankheitshalber entschuldigt und nach einer Kreislaufschwäche einem Gesundheitscheck unterzogen. In seiner Abwesenheit hatte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), Anschober formal vertreten und unter anderem die Lockerungsverordnung, die heute in Kraft tritt, für ihn unterzeichnet.