Nachdem Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwoch ein Maßnahmenpaket gegen extreme Raserei  schürte, folgt am heutigen Donnerstag die nächste Präsentation. Sie kommt weniger überraschend, wurde aber länger erwartet. Nach monatelangen Verzögerungen stellt die Regierung ihren Entwurf für das  "Erneuerbaren Ausbau Gesetz" (EAG) vor. Vizekanzler Werner Kogler, Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) werden dabei sein.

Um eine Einigung wurde lange gerungen. Eigentlich hätte das Gesetz, das die Grundlage für den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2030 bildet, schon mit 1. Jänner 2021 in Kraft treten sollen. Doch der Beschluss verzögert sich seit Monaten. Ein Streitpunkt dabei ist der Ausbau des Gasnetzes. Die ÖVP will einen weiteren Fahrplan dafür gemeinsam mit dem EAG beschließen. Die Grünen hingegen wollen das Netz gar nicht weiter ausbauen.

Wie schwer sich die türkis-grüne Koalition tut, ihre im Koalitionsprogramm angekündigten Vorhaben im Klimaschutzbereich in konkrete Gesetze zu gießen, zeigte sich auch beim Entschließungsantrag zum Klimavolksbegehren, der gestern beschlossen wurde. 380.000 Menschen unterzeichneten das Volksbegehren im vergangenen Juni. Einige Forderungen sollen nun umgesetzt werden. Allerdings nur mit Stimmen der Regierungsparteien. Denn obwohl das klare Ziel ein Allparteienantrag war, unterstützten SPÖ und Neos den Antrag nicht: Zu unkonkret, lautet ihr Vorwurf.  

Beim EAG muss die Koalition die Opposition jedenfalls besser einbinden. Dafür ist nämlich eine Zweidrittelmehrheit nötig. Gespräche mit SPÖ oder Neos wurden noch nicht geführt. "Morgen beginnen die Verhandungen im Parlament", kündigte der Grüne Klimaschutzsprecher Lukas Hammer an.

Vorstellungen liegen weit auseinander

Auch Vorfeld zum Antrag zum Klimaschutzvolksbegehren kriselte es jedenfalls an mehreren Fronten: Die Opposition fühlt sich nicht ausreichend eingebunden und attestiert der Regierung ein Scheitern bei der Umsetzung des Volksbegehrens. Und hinter den Kulissen gehen zwischen ÖVP und Grünen die Vorstellungen darüber, was gesetzlich festgeschrieben werden soll, weit auseinander.

So wurde bis wenige Stunden vor dem Ausschuss über den Entschließungsantrag verhandelt. Das Ergebnis präsentierte Leonore Gewessler mit dem ÖVP-Umweltsprecher Johannes Schmuckenschlager und Lukas Hammer am Dienstagvormittag.

Der Kompromiss sieht drei neue Gremien vor, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen sollen:  

-       Ein Klimarat, der aus mindestens 100 Personen aus der Bevölkerung bestehen soll. „Ein Mini-Österreich, wo Menschen aus allen Landesteilen und gesellschaftlichen Schichten zusammenkommen und Vorschläge ausarbeiten“, sagt Hammer.

-       Ein Klimaschutzkabinett, dem Bundeskanzler Sebastian Kurz und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler vorsitzen. Hier sollen mit Vertretern aus den Bundesländern die Ziele, Gesetze und Verordnungen diskutiert werden. Vorschläge aus dem Klimarat sollen einfließen.

-       Ein wissenschaftlicher Klimabeirat wird ins Leben gerufen, der überprüfen soll, ob ein gesetzlich vorgeschriebenes CO2-Budget eingehalten wird. Das allerdings hat noch keine gesetzliche Grundlage. Der Klimabeirat kann Empfehlungen aussprechen. „Das wird dem Klimarechnungshof sehr nahe kommen“, sagt Hammer.  

Fixiert wurde auch: Bis 2030 wird es jedes Jahr eine Milliarde Euro für den Klimaschutz geben. Außerdem soll bis Juli eine ohnehin schon lange überfällige Liste an umweltschädlichen Subventionen erarbeitet werden. Ob diese - Stichwort Dieselprivileg - allerdings auch abgeschafft werden, muss noch weiter verhandelt werden. ÖVP-Umweltsprecher Schmuckenschlager betonte: "Klimaschutz muss verträglich sein - für die Umwelt, im sozialen Gefüge unserer Gesellschaft und auch wirtschaftlich."

Gesetzlich verankert werden soll ein nationales CO2-Budget, das auch mit den Vorgaben des Pariser Klimaabkommens kompatibel ist, und daher auch die Industrie nicht ausspart. Festgeschrieben wird auch das allerdings erst in einem Klimaschutzgesetz, an dem noch gearbeitet wird. Vor dem Sommer soll es in Begutachtung gehen, so Leonore Gewessler.

Initiatioren: "Nur ein Startpunkt"

Die Organisatoren des Klimavolksbegehrens haben den Antrag für mehr Klimaschutzmaßnahmen seitens der Regierung jedenfalls erfreut aufgenommen. "Der heutige Tag ist ein großer Erfolg für uns", resümierte die Sprecherin Katharina Rogenhofer. Es wurden erste wichtige Schritte im Klimaschutz gesetzt, dennoch dürfe dies "nur der Startpunkt sein".

Zwiespältig sahen die großen Umwelt-NGOs den Antrag. Greenpeace bemängelte etwa, dass die "dringend notwendige Umsetzung einer ökosozialen Steuerreform weiter auf die lange Bank geschoben wird". Der WWF sah einen "großen Wurf" verpasst, da langjährige Baustellen der Klimapolitik weiter offen bleiben. Global 2000 forderte, dass "den vielen Klimaschutzankündigungen nun endlich wirksame Taten folgen müssen". Fridays For Future merkten an, dass "zentrale Forderungen wie ein verbindliches mit Zahlen untermauertes Klimaschutzgesetz oder die soziale Komponente der ökosozialen Steuerreform im Antrag, unkonkret bleiben".