Dass die bayrische CSU die Fastenzeit mit zünftigen Reden und Bier begrüßt, hat seit mehr als 100 Jahren Tradition. Doch statt Ansprachen vor grölenden Anhängern saß CSU-Chef Markus Söder diesmal allein vor einem eigens aufgebauten „Brotzeittisch“ in der Dreiländerhalle in Passau. Dank Corona-Pandemie musste ein „Aschermittwoch dahoam“ abgehalten werden – mit Livestream statt Bierzeltstimmung.

Sieben Monate vor der deutschen Bundestagswahl gab sich der als möglicher Kanzlerkandidat gehandelte bayrische Ministerpräsident relativ fromm. SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz wurde einer der wenigen flotten Sprüche in der Rede zuteil. Dieser habe „eher die Begabung, Blutdruck zu senken, als ihn steigen zu lassen“.

Söder: "Ich will kein zweites Ischgl haben"

Den bayrischen Corona-Kurs verteidigte Söder mehrfach – inklusive Grenzkontrollen zu Österreich. Angesichts der neuen Mutation in Tirol setze „mein Freund Sebastian Kurz“ zwar Maßnahmen, aber die in Tirol „nehmen das nicht so ernst“. Söder: „Ich möchte kein zweites Ischgl erleben.“ Die Schwierigkeit der Kontrollen betonte Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), der einer der digitalen Redner vor Söder war. „Freundschaften beweisen sich, wenn’s schwierig wird.“

Auch Stelzers Stellvertreter, der freiheitliche Vize-Obmann Manfred Haimbuchner, lädt jedes Jahr zum „politischen Aschermittwoch“ nach Ried im Innkreis. Und auch er musste zum 30-jährigen Jubiläum der Veranstaltung ins Internet ausweichen. Statt Heringsschmaus und zünftiger Volksmusik hatte sich Haimbuchner zu einem launigen Gespräch mit Bundesparteichef Norbert Hofer in der leeren, blau beleuchteten Jahnturnhalle eingefunden. Aufgezeichnet wurde dieses bereits im Vorfeld, live ging die Veranstaltung erst gestern Abend. Nachdem mit Bier und Moderatorin angestoßen und in Erinnerungen an vergangene Aschermittwoch-Abende geschwelgt wurde, schossen sich beide bald auf die Regierung ein.

Hofer: "Anschober mit nassem Fetzen aus Amt jagen"

Türkis-Grün habe „mit ihrem Maßnahmenchaos eine veritable Wirtschaftskrise verursacht“, erklärte Hofer. Die Regierung bestehe aus „Erklärertypen“, die nicht wissen, wie man arbeitet. Und: „Du wirst jeden Tag angelogen.“ Scharfe Kritik übte er an Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), der „mit einem nassen Fetzen aus dem Amt gejagt werden sollte“.

Kritik an der „PR-Maschinerie“ der Regierung übte Haimbuchner. Er frage sich zudem, woher dort viele in einer Krise die Zeit finden, ihren Bizeps zu trainieren. Währenddessen müsse die Jugend, die man „in Geiselhaft“ nehme, die „wirtschaftliche Suppe auslöffeln, die uns diese Bundesregierung eingebrockt hat.“ Der erste Lockdown sei „verständlich“ gewesen. „Aber dann hat er zu lange gedauert.“ Diverse Maßnahmen und Verordnungen seien „eine Peinlichkeit sondergleichen“ gewesen. „Die Regierung hat das Land nicht durch die Krise geführt, sondern die Krise durch das Land.“