Dass die ersten Impfungen die Bevölkerung, die Öffentlichkeit, die Politik in den Bann ziehen, liegt in der Natur der Sache. Vor neun Monaten stürzte Corona auch Österreich in einen emotionalen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen, politischen Ausnahmezustand. Wenn die erhoffte Erlösung naht, sei ein Mindestmaß an Inszenierung erlaubt. Der europaweite Ankauf des Impfstoffs wurde von der EU abgewickelt, die Kosten für die österreichischen Impfdosen übernimmt die Bundesregierung.

Am 26. Dezember, am Stephanitag, trudeln im Herba-Chemosan-Großlager in Simmering die ersten zehntausend Impfdosen aus Belgien im Lieferwagen ein, am 27. Dezember werden die ersten Bewohner von Alten- und Pflegeheimen wie auch medizinisches Personal geimpft. Es wäre nicht Österreich, wenn die Premiere nicht von einem kabarettreifen Polit-Gerangel begleitet worden wäre, eine Reihe von Gesprächspartnern bestätigen dies gegenüber der Kleinen Zeitung. „Drei Tage wurde nur herumtelefoniert“, enthüllt ein Insider gestern.

Minister sollte Impfstoff an der Grenze abholen

Die ursprüngliche Idee, in Wien die ersten Impfungen vorzunehmen, wurde bald verworfen, vor allem die ÖVP, die den Kanzler und sechs Landeshauptleute stellt, wollte nicht das Feld dem roten Bürgermeister überlassen. Alsbald wurde die gar nicht abwegige Idee geboren, dies gleichzeitig in allen Bundesländern durchzuführen. Bestätigung findet auch ein Bericht der „Vorarlberger Nachrichten“, wonach erwogen wurde, dass Innenminister Karl Nehammer die erste Ladung an der Grenze empfängt.

Was jedoch von der politischen Ebene zunächst nicht bedacht wurde: Der Impfstoff ist nicht mit herkömmlichen Medikamenten zu vergleichen, die via DHL oder einen anderen Express-Service im ganzen Land verschickt werden können. Auch kann man die Impfdosen beim Grenzübertritt nicht medienwirksam in die Kamera halten: Die Fläschchen müssen bei minus 70 Grad gelagert werden. Erst knapp vor dem Impfen sollten sie aus dem Eis genommen werden.

Mit Militärhubschrauber in vier Bundesländer

Daraufhin wurde unter Einbindung des Heeres das Konzept entwickelt, dass einige wenige – bereits aufgetaute – Impfdosen von Simmering aus mit mehreren Hubschraubern, auch Blackhawks, in die Steiermark, nach Salzburg, Tirol und Vorarlberg geflogen werden. Die Flugpläne waren bereits fixiert, die Landeplätze unweit der Altersheime bereits bestimmt. Der Plan wurde verworfen, jeder Hubschrauber hätte Impfdosen im Ausmaß einer Schuhschachtel transportiert - ein gewaltiger logistischer Aufwand für einige wenige Impfungen, die großen Lieferungen trudeln erst Anfang Jänner in Österreich ein. Die Empörung über das Spektakel wäre groß gewesen. Nun werden in der Nacht auf Sonntag die bereits aufgetauten Impfdosen (sie halten 120 Stunden, wenn sie aus dem Eis genommen werden und kühl gelagert werden) auf dem Landweg in ganz Österreich verteilt.

Nach Informationen der Kleinen Zeitung (Stand Heiliger Abend, 14 Uhr) werden in acht Bundesländern am Sonntag einige wenige Menschen in  Alten- und Pflegeheimen wie auch medizinisches Personal geimpft, darunter auch  im Burgenland, obwohl Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil zunächst noch einige Fragen im Zusammenhang mit der Impfung behandelt haben wollte. Nur Kärnten beteiligt sich, wie es dort heißt, nicht am „Show-Impfen“.