Es ist Punkt halb sechs Uhr abends, als die Beamten mit Leuchtstäben das erste Auto aus der Kolonne winken. Auf einem Parkplatz in der Nähe des Naschmarktes haben sich 14 Beamte der Wiener Landesverkehrsabteilung positioniert, um die durch Blaulicht und Warnschilder geschwindigkeitsgedrosselten Fahrzeuge stichprobenartig zu kontrollieren. Während sonst vor allem Führerschein und Zulassung, Automängel und möglicher Alkoholeinfluss überprüft werden, schauen die Polizisten derzeit auch auf die Einhaltung der Corona-Bestimmungen.

„In welchem Verhältnis stehen Sie zueinander“, fragt einer der Beamten zwei Männer, die in einem dunklen Kombi sitzen und von der Taschenlampe des Polizisten angestrahlt werden. „Bürokollegen“, antwortet der Fahrer, man sei am Weg nach Hause, er nehme den Kollegen ein Stück des Weges mit. Dank dieser Aussage halten beide Männer wenig später ein Organmandat über 25 Euro in den Händen. Denn keiner der beiden hat eine Maske im Fahrzeug getragen. Ein Vergehen, da sie nicht im selben Haushalt wohnen. Missmutig lassen sie die Autofenster hochgleiten und fahren davon.

"Beamte sind geschult, Unwahrheiten zu erkennen"

Dass viele andere „Fahrgemeinschaften“ ohne Maske an diesem Abend behaupten werden, zusammenzuwohnen, weiß auch Einsatzkommandant Thomas Losko. „Die Beamten sind aber geschult, durch gezieltes Nachfragen zu erkennen, ob hier vielleicht doch die Unwahrheit gesagt wird.“ Unter anderem werde nach gezielt nach Adresse und Wohnungslage gefragt. „Es ist schließlich ziemlich unrealistisch, wenn jemand seine eigene Adresse nicht aus dem Stegreif nennen kann.“ Bestehen für die Beamten berechtigte Zweifel, kann auch das Zentrale Melderegister befragt werden.

Schwerpunktaktionen wie diese führt die Landesverkehrsabteilung mehrmals im Monat durch. Bei der letzten Kontrolle, die im harten Lockdown stattgefunden hatte, wurde noch genauer nachgefragt. Denn die Ausgangsbeschränkungen galten da noch rund um die Uhr. „Jeder einzelne Autolenker hatte damals einen guten Grund parat, unterwegs zu sein – Arbeitsweg, Besorgung, Spazierenfahren“, erzählt ein Beamter, der gerade einen alten VW Golf überprüft hat. „Auch hier muss man sich auf sein Gefühl verlassen, ob das stimmen kann. Die Überprüfung war aber deutlich kniffliger.“

"Ruhe vor dem Sturm"

Überrascht von der Frage nach dem Verhältnis zu seinen Beifahrern zeigen sich nur die wenigsten Verkehrsteilnehmer. „Dass Corona ist, weiß man ja“, sagt eine Frau, die mit ihrem Mann im Auto sitzt, und zuckt mit den Schultern.

Etwas mehr als zwei Stunden lang werden an diesem Abend Autos und Insassen kontrolliert. 36 Mal wird das Fehlen eines Mund-Nasen-Schutzes im Fahrzeug bestraft, 43 Organmandate setzt es für diverse Verkehrsdelikte, vier Mal kommt der Alkomat zum Einsatz. Ein ruhiger Abend also. „Aber es fühlt sich gerade ein bisschen an wie die Ruhe vor dem Sturm“, sagt ein Beamter. „Denn wenn im Frühjahr die Bars und Lokale wieder öffnen, werden die Leute alles nachholen wollen. Dann wird es rund gehen. Auch auf der Straße.“