Für Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist seine Verurteilung im Buwog-Prozess ein "Fehlurteil" und ein "politisches Urteil". In einem 12-minütigen Statement vor Journalisten hielt Grasser nach der Urteilsverkündung fest, dass er unschuldig sei: "Ich weiß, dass ich unschuldig bin", so Grasser, der vom Gericht - nicht rechtskräftig - zu acht Jahren Haft verurteilt worden war. Es sei selbstverständlich, in Berufung zu gehen.

Der Zweitangeklagte Walter Meischberger will den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof befassen. Auch die Staatsanwaltschaft prüft Rechtsmittel gegen das Urteil.

Heute in der Früh habe er mit einem Freispruch gerechnet, entsprechend sei er jetzt "traurig, schockiert und erschrocken", sagte Grasser. Auch wenn die Richterin bei der Urteilsverkündung von "erdrückenden Beweisen" gegen ihn gesprochen habe, "gibt es in über elf Jahren keinen Beweis für ein unrechtes Handeln meiner Person", so Grasser. 150 Zeugen hätten ihn im Verfahren entlastet. "Dieses Urteil hat nichts mit Fairness und Gerechtigkeit zu tun", er sei zuversichtlich, dass das Urteil vor dem Höchstgericht nicht standhalten wird.

Grasser will nun, wie schon von seinem Anwalt angekündigt, hinterfragen, ob die Richterin Marion Hohenecker unparteiisch war. Schon zu Beginn des Prozesses hatten die Angeklagten darauf hingewiesen, das Hoheneckers Ehemann auf Twitter Grasser verurteilt habe und daher die Unabhängigkeit der Richterin in Zweifel gezogen. Diese "Anscheinsbefangenheit" werde nun vor den Verfassungsgericht gebracht.

Außerdem erinnerte Grasser daran, dass während Prozesspausen sowie vor und nach Verhandlungsbeginn Mikrofone eingeschaltet waren, das habe den Vertrauensgrundsatz verletzt. Außerdem verwies Grasser auf ein Gutachtern zweier Juristen, wonach die mediale Vorverurteilung Grassers einen fairen Prozess sowieso unmöglich gemacht habe. Die Juristen hätten recht behalten.

Anwalt Manfred Ainedter ergänzte, der Urteilsspruch sei ein "glattes Fehlurteil, alle Rechtsmittel werden erhoben". Das Urteil werde "selbstverständlich mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an den OGH bekämpft".

Walter Meischberger, der im Grasser-Prozess heute eine Haftstrafe von sieben Jahren (nicht rechtskräftig) ausgefasst hat und daraufhin den Gerichtssaal während der Ausführungen von Richterin Marion Hohenecker verließ, will den Menschenrechtsgerichtshof anrufen. Das sagte sein Anwalt Jörg Zarbl zum "Standard".

"Es ist ein unfassbares Fehlurteil, bei welchem Meischberger im Zweifel schuldig gesprochen wurde. Wir werden die Fragen der Befangenheit der Vorsitzenden Richterin und der Videoüberwachung der Verteidiger im Verhandlungssaal vor den EGMR (Europäischer Menschenrechtsgerichtshof; Anm.) bringen. Dieses Verfahren ist noch lange nicht beendet", so Zarbl.

Verstöße gegen die europäische Menschenrechtskonvention - wie von Grasser und Meischberger öfters beklagt - habe es keine gegeben, sagte hingegen Richterin Marion Hohenecker explizit in der Urteilsbegründung. Trotzdem habe die Verfahrenslänge mildernd Eingang ins Urteil gefunden.