Österreichs Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), der im Jahr 2000 mit seiner Bildung einer Koalition mit der FPÖ unter Jörg Haider unter den EU-Staaten erhebliche Irritationen bis hin zu Sanktionen hervorrief, rückte in der Ski-Debatte mit einem Aufruf zur "Verhältnismäßigkeit" aus. Verhältnismäßig wäre es, schreibt der Ex-Kanzler in der "Süddeutschen Zeitung", "das Skifahren im Winter mit wirksamen Auflagen zu verbinden. (...) Aber ein totaler Lockdown ganzer Täler und Wirtschaftszweige ist nicht mehr 'verhältnismäßig'."

Zugleich verwahrte sich Schüssel dagegen, das häufig als Corona-Negativbeispiel angeführte Ischgl "mit seinen 1.640 Einwohnern zum europäischen Sündenbock zu stempeln". Für "Blame-Games" bestehe kein Anlass, so der frühere ÖVP-Chef, der in der "Süddeutschen Zeitung" zugleich andere Orte in Europa und darüber hinaus aufzählt, wo im Frühjahr Fehler im Umgang mit dem Coronavirus gemacht worden seien. So erinnert Schüssel an "die fußballbegeisterten Massen im Stadion San Siro (...), als Atalanta-Bergamo den FC Valencia niederrang; an Massendemonstrationen in Spanien, Kreuzfahrten in japanischen Gewässern, überfüllte freikirchliche Gottesdienste, Karnevalssitzungen et cetera.".

Mehrheit der Deutschen für Schließung

Eine große Mehrheit in Deutschland würde laut einer Umfrage eine europaweite Schließung von Skigebieten, wie die österreichische Bundesregierung sie ablehnt, befürworten. 73,8 Prozent der Befragten gaben bei einer repräsentativen Umfrage an, es sei "eindeutig" oder "eher richtig", zur Eindämmung der Corona-Pandemie alle europäischen Skigebiete vorerst zu schließen. 19,5 Prozent der Befragten hielten dies für "eher" oder "eindeutig falsch".

In Bayern, wo Skigebiete bis 20. Dezember nicht öffnen dürfen, sprachen sich laut der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag) gut zwei Drittel der Befragten (68,6 Prozent) "eindeutig" oder "eher" für eine europaweite Schließung aus. Etwa ein Viertel der Befragten (25,4 Prozent) hielt das für "eher" oder "eindeutig falsch".

Empörung in der Schweiz

Die u.a. von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel geforderte Schließung der Skianlagen in ganz Europa bis nach Weihnachten empört die Schweizer. Unverständnis äußern auch Touristiker in der Region Engadin im Kanton Graubünden, wo die CDU-Politikerin seit vielen Jahren jeden Winter ein paar Tage ausspannt und Langlauf gemacht hat. "Frau Merkel, bei uns sind Sie sicher!" titelte die Boulevardzeitung "Blick" am Samstag.