Eineinhalb Jahre ist es her, dass Herbert Kickl (FPÖ) als Innenminister entlassen wurde. Doch seine Amtszeit wirkt bis heute nach. Nach Recherchen der „Kleinen Zeitung“ ist die umstrittene „Leibgarde“, die sich Kickl damals angeschafft hatte, weiterhin im Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) tätig – inklusive eigener Büroräumlichkeiten in der Ausstellungsstraße im 2. Bezirk. Und enger Einbindung in Operationen wie der „Ramses“-Razzia in der islamistischen Szene.

Aber der Reihe nach. Bekannt wurde die Einheit im vergangenen Sommer. Kickl hatte sich in seiner Amtszeit 15 Personenschützer aus parteinahen LVT-Beamten zusammengesucht, viele sollen Mitglieder der blauen Gewerkschaft AUF sein. Eingesetzt wurden sie damals vorrangig für den Personenschutz von FPÖ-Ministern, der damalige Parteichef Heinz-Christian Strache, die Minister Norbert Hofer und Beate Hartinger-Klein sowie Kickl selbst wurden von der „Einheit“ begleitet.

Eigene blaue Einheit

Eigentlich liegt der Personenschutz bei der Sondereinheit „Cobra“, deren Schutz neben Bundespräsident, Kanzler und Innenminister anderen Ministern nur in Zeiten „erhöhter Gefahrenlage“ zusteht. Doch in den blauen Reihen wurde der Cobra stets misstraut, gilt sie doch als ÖVP-nah. Deshalb wurde Ende 2017 eine eigene „Einheit“ geschaffen. Dies war innerhalb des Polizeiapparates umstritten, da es sich bei den Beamten zwar um langjährige und erfahrene LVT-Mitarbeiter, jedoch nicht um speziell ausgebildete Personenschützer gehandelt hat. Zudem sei die Personalvertretung in diese Bestellungen nicht eingebunden gewesen. Kickl betonte damals, dass alle gesetzten Maßnahmen auf Basis gesetzlicher Bestimmungen erfolgt seien.

Heute sollen Kickls Beamte hauptsächlich für den Personenschutz von FPÖ-Parteichef Hofer zuständig sein. Sein Sprecher bestätigt gegenüber der „Kleine Zeitung“, dass Hofer seit der Bundespräsidentschaftswahl 2016 „anlassbezogen“ Personenschutz erhält – auf Basis einer Gefährdungseinschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Diese werde laufend evaluiert. Die betreffenden Beamten seien jedoch bereits im Jahr 2013 beim LVT gewesen, als Hofer erstmals Dritter Nationalratspräsident wurde – und damit lange vor Kickls Amtsantritt. Über berufliche Kontakte hinaus bestehe jedenfalls kein Kontakt zwischen der FPÖ und Polizeieinheiten.

Informierte "Leibgarde" über Operation "Ramses"?

Doch Kickls „Leibgarde“ war neben Personenschutz offenbar auch in ein anderes, deutlich größeres Projekt eingebunden – die Operation „Ramses“. Mit diesem Codenamen wurde die Großrazzia in der islamistischen Szene in mehreren Bundesländern bezeichnet, bei der am Montag vor einer Woche 930 Beamte im Einsatz waren und 60 Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden. Die Operation musste im letzten Moment umbenannt werden, weil der Name bereits in den Medien kursierte. Auch Kickl selbst sprach in einer Pressekonferenz von „Ramses“ und wusste über den geplanten Einsatz Bescheid.

Dass Kickl weiterhin gute Kontakte zu Teilen des LVT Wien pflegt, ist bekannt. Nun steht der Verdacht im Raum, dass ihn ausgerechnet seine ehemalige Leibgarde über den geplanten Großeinsatz informiert haben dürfte. Denn laut internen Informationen waren eben diese Beamten auch in Observationen, Ablaufplanung und Zugriff involviert.

Innenministerium prüft nun

Weiß die zuständige Wiener Landespolizei vom Einsatz der Kickl-treuen „Sondereinheit“? Dort bestätigt man auf Anfrage, dass die betreffenden Beamten damals dem LVT Wien zugeteilt gewesen seien und „Personenschutzaufgaben“ wahrgenommen haben. „Zum Teil befinden sich die Beamten nach wie vor im LVT, zum Teil auch schon in anderen Abteilungen“, heißt es aus der Pressestelle. Also wird die Truppe von Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl schlicht geduldet? „Eine Duldung von Polizisten, die ihren Dienst regulär versehen, ist nicht notwendig“, lautet die Antwort. Informationen zu ermittelnden und operativ tätigen Beamten gebe man keine bekannt.

Das Innenministerium erklärt, dass für die Einrichtung solcher Außenstellen wie jener in der Ausstellungsstraße zwar grundsätzlich die Wiener Landespolizei zuständig sei. Aber: „Ob eine solche für eine effiziente Aufgabenerfüllung erforderlich ist, wird durch das Bundesministerium für Inneres geprüft werden.“

Kickl selbst holt auf Nachfrage zum Gegenangriff aus: „Der Umstand, dass von den schwarzen Netzwerken im Innenministerium mit dem Finger auf eine angebliche ‘blaue Abteilung’ gezeigt wird, beweist, dass man dort nicht einmal vor der Vernaderung und Denunziation untadeliger Beamter des eigenen Hauses zurückschreckt.“ So wolle man „die eigene Verantwortung für das Versagen bei der Überwachung des späteren Attentäters“ abschieben.