Die Intrige im Bundes-Krisenstab um Vorschläge von Rotkreuz-Vertreter Gerry Foitik ist um eine Facette - und einen Streit um Millionen - reicher: Schon am Wochenende hatte AKH-Infektionsexperte Christoph Steininger ein drastisches Schreiben an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gerichtet. Unter dem Betreff "Rotes Kreuz behindert  Pandemiebekämpfung" schießt der Internist und Virologe eine volle Breitseite gegen Foitik - und sein dreieeinhalbseitiges internes "Policy Brief", das gestern öffentlich für Aufregung gesorgt hat. Er wirft dem Roten Kreuz die "egoistische Blockade der Pandemiebekämpfung" vor.

Steininger bezeichnet darin das von Foitik diskutierte Aus für die automatische Testung von symptomlosen K1-Kontaktpersonen als "Manipulation der Infektionszahlen durch massive Einschränkung der Testungen". Der Rotkreuz-General hatte argumentiert, dass solche Personen sowieso unter Quarantäne gestellt würden und verband das mit der Hoffnung, durch den Verzicht auf Tests wieder auf die "grüne Liste der EU-Partner" zu kommen, Stichwort "Wintertourismus".

"Manipulation": Ein Wortlaut aus Steiningers Schreiben, der sich auch in mehreren Medien wiederfand, die am Montag über Foitiks ausführliche Vorschläge zur Teststrategie berichtet haben, nachdem ihnen Steiningers Schreiben weitergeleitet worden war.

Gerangel um Test-Digitalisierung

Eine Rolle dürfte bei den Motiven für das Schreiben auch wirtschaftliche Interessen spielen: Als Indiz für die Blockade durch das Rote Kreuz führt Steininger an, dass Foitik drei Millionen Euro für die Digitalisierung der Covid-Tests veranschlagt, "obwohl es diese bereits als patentiertes Produkt von LEAD Horizon gibt und von eben diesem RK seit Monaten bekämpft wird", schreibt Steininger an Kurz. Eine Kooperation mit Lead Horizon habe das Rote Kreuz jedoch abgelehnt.

Lead Horizon ist Steiningers eigenes Unternehmen, das Covid-Selbsttests an Apotheken und Drogeriemärkte vertreibt - und auch die digitale Infrastruktur anbietet, um Testergebnisse einer bestimmten Person zuzuordnen: Eine ähnliche Technik, wie sie Foitik in seinem Papier vorschlägt, sie aber - in Kooperation mit einer neuen 1450-Website um drei Millionen Euro binnen drei Wochen neu aufzustellen vorschlägt. Sprich: In der Auseinandersetzung geht es auch um die Frage, wer den lukrativen Auftrag für den Aufbau der nächsten Stufe der staatlichen Test-Infrastruktur bekommt.

"Man kann über Strategie diskutieren - aber nicht so"

Im Gespräch mit der Kleinen Zeitung sagt Steininger, er finde es "erfeulich", wenn das Rote Kreuz nun von seinen Vorschlägen abrückt - Foitik hatte beispielsweise in der "zib2" gestern erklärt, die Zahlen nicht manipulieren zu wollen.

"Man kann sachlich über Änderungen bei der Teststrategie diskutieren", sagt Steininger - aber eine Argumentation, wie Foitik sie zugunsten des Wintertourismus führe, sei unzulässig. (Foitik hat bereits eingeräumt, das sei schlecht formuliert gewesen.) Die Datenerfassung zu den Testungen und damit die Corona-Statistik sei verlässlich - Änderungen an dem System sollten nur nach breiter Diskussion und datengetrieben erfolgen.

Im Bundeskanzleramt hat man auf eine Anfrage der Kleinen Zeitung zu der Auseinandersetzung noch nicht reagiert.