Aufregung herrscht um einen "Policy Brief" von Rotkreuz-Bundesrettungskommandant Gerry Foitik, der am Montag mehreren Medien zugespielt worden ist - und von diesen völlig unterschiedlich interpretiert worden ist. Das dreieinhalbseitige Papier, das auch der Kleinen Zeitung vorliegt, wurde zunächst im "Kurier" unter dem Titel "Will das Rote Kreuz Corona-Zahlen manipulieren?" publiziert, wenig später las der "Falter" darin "Rotes Kreuz rügt schwarzen Kanzler".

Aber von vorne: Das mit 15. Oktober datierte Dokument hatte Foitik für den SKKM verfasst, den derzeit mit dem Corona-Management befassten Krisenstab des Bundes. Enthalten darin sind eine Reihe von Vorschlägen, wie man vor allem die Teststrategie verbessern könnte: Etwa, indem man die Corona-Hotline 1450 digitalisiert und Test-Sets durch Apotheken austeilen lässt.

Außerdem schlägt der Rotkreuz-Kommandant vor, beim Testen auf Menschen mit Symptomen zu fokussieren und regt eine Ausweitung der Maskenpflicht in Bildungseinrichtungen an, unter anderem für Lehrer in Volksschulen sowie Lehrer und Schüler ab der Unterstufe aufwärts. Zudem sollte der Staat Risikopersonen (vor allem über-65-Jährige) mit sichereren FFP-2 Masken versorgen.

Die Kontroverse dreht sich aber vor allem um die Teststrategie. In der Einleitung des internen Papiers schreibt Foitik:

Wintertourismus: Wenn Zahlen eine Zeit lang sinken, aber immer noch zu hoch sind, für eine „grüne“ Einschätzung der EU-Partner könnten wir innerhalb weniger Tage aufhören, Kontaktpersonen „1“ zu testen: Die Inzidenz sinkt dann sofort um 500 täglich (absolut – Zahlen der vergangenen Woche) bei gleichzeitigem leichten Sinken der Positivitätsrate (vermutlich)

Später im Dokument wird dann ausgeführt, dass K1-Personen ohne Symptome, also solche, die unmittelbaren Kontakt mit einem Infizierten hatten, derzeit sowieso in Quarantäne müssen - und ein Test daher keinen Effekt hätte: Ein negatives Ergebnis "befreit" die Personen nicht (weil sie später noch erkranken könnten), ein positiver Test ziehe keine Therapie nach sich; erst wenn die Person ebenfalls erkrankt, aber dann könne man noch immer einen Test machen.

Dass dies eine "Manipulation" der Coronazahlen sei, weist Foitik  zurück. Auf der ECDC-Karte, die Österreich aktuell mit der Farbe "Rot" belegt, wären bei den gegenwärtigen unterschiedlichen Teststrategien keine realen Vergleiche möglich.

Die politische Reaktion ließ jedenfalls nicht lange auf sich warten: Die SPÖ fordert volle Aufklärung. "Völlig inakzeptabel" sei jeder Versuch, durch die Reduktion der Tests bei Kontaktpersonen die Corona-Ampel künstlich auf grün zu stellen, so SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch.

Die Neos begrüßen viele der Vorhaben in dem "Policy Brief"; für Verwunderung sorge allerdings die inhaltliche Verknüpfung von weniger Tests und dem Wintertourismus. Hoyos: "Weniger Tests, um so die offiziellen Infektionszahlen niedrig zu halten, können nicht die Lösung für den Wintertourismus sein", so Neos-Mandatar Douglas Hoyos.

Offen ist, wer das Papier nach draußen gespielt hat. Foitik, ein Eckpfeiler des Krisenstabs und eines seiner Gesichter in der Öffentlichkeit, war mit seinen - teilweise auch öffentlich geäußerten - Vorschlägen mehrfach angeeckt: etwa mit seinem noch im Sommer geäußerten Wunsch, die Maskenpflicht auszuweiten oder mit der Ansicht, weniger Tests einzusetzen. Wer ihm nun zu schaden versucht, indem er das Papier nach außen spielt? "Keine Ahnung", so Foitik zur Kleinen Zeitung.