Dass in der neuen „Österreichischen Gesundheitskasse“ (ÖGK) Zoff zwischen SPÖ- und ÖVP-Parteigängern herrscht, ist nicht neu. Nun aber hat sich ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer den geballten Zorn der Arbeitnehmerkurie in allen neun Landesstellen zugezogen. Anlass ist eine Dienstanweisung, mit der Wurzer von seinen Landeschefs die lückenlose Weitergabe von Gesprächsinhalten verlangt.

"Wann und zu welchem Zweck"

Konkret erhielten alle neun ÖGK-Landesstellenleiter Ende September ein Mail des Generaldirektors: Es sei wichtig, als Führungsmannschaft „zusammenzurücken und uns bestmöglich abzustimmen“. Um nach außen einheitlich vorzugehen, „muss ich von euch wissen, wann und zu welchem Zweck ihr Termine mit diversen Stakeholdern absolviert“, schreibt der Boss seinen regionalen Führungskräften. Denn es mache kein gutes Bild, wenn er von Gesprächen erst nachträglich erfahre.

Abhilfe schaffen soll eine Excel-Tabelle, die alle 14 Tage zu befüllen sei - und zwar vorausschauend mit allen geplanten Terminen und rückblickend mit einer „stichwortartigen Zusammenfassung der Ergebnisse“. Dann führt Wurzer noch beispielhaft an, an welche „Stakeholder“ er denkt: Berichtspflichtig sind demnach Termine mit Vertretern von Ärztekammer, Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, diversen Vereinen und Interessenvertretungen sowie mit „Mitgliedern und MitarbeiterInnen der Landesregierungen und der Landesverwaltung, der Bundesregierung und Bundesverwaltung“. Diese Aufzählung sei „selbstverständlich nicht vollzählig“.

Länder-Kurienchefs verlangen Rücknahme

In den Ländern gehen jetzt erwartungsgemäß die Wogen hoch: Während die Landesstellen-Chefs die Anweisung wohl oder übel hinnehmen, machen die Arbeitnehmervertreter in den Landesstellenausschüssen umso mehr Dampf. Die Vorsitzenden der Arbeitnehmerkurie aller neun Landesstellen sandten gestern früh ein Protestmail nach Wien: Es gebe seitens der obersten Führung speziell gegen die ÖGK-Landesstellenleiter „eine Kultur von Überwachung und Misstrauen“. Dass Wurzer von Gesprächen mit Selbstverwaltungsmitgliedern sogar jeweils ein Gesprächsprotokoll verlangt, sei nicht hinnehmbar. Forderung an den Chef: „die Rücknahme der Misstrauensanweisung“.

Es gab Sticheleien

Wurzer hält aber an seiner Forderung fest. Informell ist zu erfahren, dass es im Rahmen des ideologischen Grabenkriegs einschlägige Anlassfälle gegeben habe - nämlich „Sticheleien“ und unvollständige Information. „Wir sind eine sehr große Organisation, es geht um eine lückenlose Kommunikationskette“, argumentiert ÖGK-Sprecherin Marie-Theres Egyed. Einzige Einschränkung: „Wenn das als Misstrauen aufgefasst wird, dann werden wir natürlich versuchen, das intern bestmöglich aufzuklären.“

Josef Harb vom steirischen Landesstellenausschuss übt heftige Kritik an Wurzer: „Er leidet offenbar unter Kontrollzwang. Mit solchen Aktionen wird der letzte Rest der Schein-Selbstverwaltung vernichtet.“