Österreich ist eine "Waldnation". Das ist nun amtlich, nachdem es US-Präsident Donald Trump seinem Lieblingssender Fox News nach einem Besuch in Kalifornien erzählt hat. Die Menschen leben in "Waldstädten", obwohl es in der Alpenrepublik mehr "explosive Bäume" gäbe als etwa an der Pazifikküste. Und während sich die "Waldbewohner" über den Vergleich amüsieren und fleißig humoristische Beiträge in Sozialen Medien teilen - vermutlich während sie mit Laptops auf Baumstümpfen sitzen, gibt es in Wien einen Hort der Ernsthaftigkeit: Das österreichische Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus. Ministerin Elisabeth Köstinger hat in einem Gastbeitrag für die renommierte britische Tageszeitung "Independent" die Liebe der Österreicher zu ihrem Wald beschrieben.

"Bäume bedecken fast die Hälfte der Fläche unseres Landes. Die nachhaltige Bewirtschaftung und der Schutz unserer Wälder machen uns in Fachkreisen weltberühmt", schreibt Köstinger über die Beziehung zwischen dem Wald und ihren Landsleuten, "die glücklicherweise mit einem gesunden Sinn für Humor" ausgestattet seien. Und sie betont - ganz ernsthaft: "Zur Klarstellung: Nein, wir haben keine explodierenden Bäume in Österreich!" Nun, das überrascht, hätte man bei Trumps Faktentreue doch fast etwas anderes erwartet.

"Das macht uns nicht zu Waldmenschen"

Köstinger erklärt Trump auch: "Es ist nicht nur die Verantwortung der Waldbauern und unserer vielen Naturfreunde, unsere Wälder zu pflegen - verantwortungsvoller Naturschutz ist Teil unseres kollektiven Bewusstseins und unserer österreichischen Identität."  Sie stellt sicherheitshalber auch klar "Das macht uns nicht zu "Waldmenschen", sondern zeigt, wie wichtig das Verständnis für unsere Umwelt und unsere natürlichen Ressourcen ist."

Und falls Trump doch zum Wald-Suchen nach Österreich kommen wollte, hilft die Ministerin aus: "Sie werden in Österreich keine "Waldstädte" finden."

Screenshot vom "Independent"

Der Gastbeitrag im "Independent" im Wortlaut in der deutschen Übersetzung:

Wir in der österreichischen Regierung haben die Behauptungen von Trump über unsere "explodierenden Bäume" und "Waldstädte" gehört. Ich denke, wir müssen ein paar Dinge klären

Den Klimawandel ernst zu nehmen ist ein guter Anfang, wenn es darum geht, die Wälder Ihres Landes zu erhalten und zu schützen.

Von Elisabeth Köstinger

Als US-Präsident Donald Trump kürzlich Österreich und seine Wälder im Zusammenhang mit den kalifornischen Waldbränden erwähnte, haben wir in der österreichischen Regierung aufmerksam zugehört. Es gab sowohl ernsthafte als auch humorvolle Gespräche in sozialen Medien über die "explodierenden Bäume", die er erwähnte, sowie über die Tatsache, dass er behauptete, wir lebten in "Waldstädten", die niemals Feuer fangen.

Als Österreicher, die glücklicherweise mit einem gesunden Sinn für Humor gesegnet sind, nehmen wir normalerweise solche Klischees über unser Land in Kauf. Meistens stellen sich die Menschen vor, dass wir in der Kulisse von „The Sound of Music“ leben. Die Schwere der aktuellen Ereignisse macht Trumps Worte jedoch viel beunruhigender - schließlich kämpfen gerade in diesem Augenblick Tausende von Menschen in Situationen, in denen es um Leben und Tod geht, gegen schreckliche Waldbrände.

In Wirklichkeit ist Österreich ein Land im Herzen Europas, in dem die Menschen nicht im Wald leben, sondern mit dem Wald und in Sie an einer engen, nachhaltigen Beziehung zur natürlichen Umwelt. Bäume bedecken fast die Hälfte der Fläche unseres Landes. Die nachhaltige Bewirtschaftung und der Schutz unserer Wälder machen uns in Fachkreisen weltberühmt. Die Menschen reisen gerne nach Österreich, aber nicht nur wegen seiner Hänge oder wegen des Besuchs des Geburtsortes von Mozart. Wir sind stolz darauf, dass Menschen nach Österreich reisen, weil wir unseren Gästen intakte Naturlandschaften, Wälder, Wanderwege und Felder bieten.

Zur Klarstellung: Nein, wir haben keine explodierenden Bäume in Österreich! Auch wenn Österreich dicht besiedelt ist, haben wir einen Weg gefunden, unseren Bäumen den nötigen Raum und eine nachhaltige Zukunft zu geben und gleichzeitig das zu nutzen, was sie produzieren. Und ja, wenn Präsident Trump erwähnt, dass unsere Wälder "aufgeräumt" worden sind, dann hat er Recht. Um eine schöne, sichere und artenreiche Umwelt zu schaffen, muss man sich um sie kümmern. Alle Arten von Schädlingen, insbesondere Borkenkäfer, haben die Fähigkeit, die harte Arbeit von Generationen von Förstern und Waldbauern zu zerstören und gleichzeitig die Gefahr von Waldbränden massiv zu erhöhen.

Wenn wir uns nicht um unseren Lebensraum kümmern, hat dies gefährliche Folgen: Die Erhaltung unserer Umwelt dient als Sicherheitsnetz gegen Lawinen und Erdrutsche und bildet die Grundlage für Frischluft und Trinkwasser sowie für unsere wirtschaftliche Zukunft. Es ist nicht nur die Verantwortung der Waldbauern und unserer vielen Naturfreunde, unsere Wälder zu pflegen - verantwortungsvoller Naturschutz ist Teil unseres kollektiven Bewusstseins und unserer österreichischen Identität.

Das macht uns nicht zu "Waldmenschen", sondern zeigt, wie wichtig das Verständnis für unsere Umwelt und unsere natürlichen Ressourcen ist. Den Klimawandel ernst zu nehmen und seine Auswirkungen abzuschwächen, ist ein großer Teil davon. Österreich hat über die Jahre hinweg ein tiefes Bewusstsein für unsere Umwelt bewahrt, ein Bewusstsein, das - leider - andere Länder verloren zu haben scheinen.

Sie werden in Österreich keine "Waldstädte" finden. Sie werden Lebensräume finden, die eng mit Wäldern verflochten sind. Wien, unsere Hauptstadt, ist von einem grünen Gürtel umgeben und bezieht einen großen Teil seines Trinkwassers aus den nur eine Stunde entfernten Bergen und Wäldern.

Ja, Österreich ist ein Waldland, ja, die Österreicher kennen, lieben und schätzen ihre Wälder. Immerhin leben in Österreich rund 300.000 Menschen direkt oder indirekt von der Forstwirtschaft.

Viele Menschen mögen Donald Trumps Aussagen über Österreichs Wälder amüsant finden. Für uns ist es auch eine Gelegenheit, die Schönheit unserer Wälder und unseres Landes insgesamt hervorzuheben - und gleichzeitig die Wahrheit hinter den umstrittenen Worten zu klären. Österreich hält alle, die derzeit unter den schrecklichen Folgen des Klimawandels leiden, in seinen Gedanken fest, und wir hoffen aufrichtig, dass die Waldbrände an der Westküste der USA so bald wie möglich unter Kontrolle gebracht werden können. In unserem Land lieben wir unsere Wälder und die Vielfalt an Funktionen und Leben, die sie unseren Gästen und uns bieten. Ich lade Sie alle aufrichtig ein, sich selbst davon zu überzeugen.

Elisabeth Köstinger ist die österreichische Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus