Rund 73 Terawattstunden Strom sind in Österreichs Kraftwerken 2019 insgesamt produziert worden, knapp über 40 davon aus den erneuerbaren Quellen Solar, Wind, Biomasse und - vor allem - Wasserkraft. Das ist der Maßstab, um das Ziel einzuordnen, das sich die türkis-grüne Koalition in der Stromproduktion gesetzt hat: Bis 2030 sollen österreichische Kraftwerke bis zu 27 Terawattstunden mehr produzieren können - allesamt aus neuen Öko-Energieanlagen.

Den Schlüssel dazu haben Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) und ihr Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) heute präsentiert: Das "Erneuerbaren-Ausbaugesetz" EAG, das langfristig die Förderungen für Stromausbau und -produktion auf neue Beine stellen soll.

Bis 2030 sollen so elf Terawattstunden an Photovoltaik, zehn Terawattstunden aus Windenergie, fünf TWh aus Wasserkraft und eine aus Biomassewerken dazukommen. "Das wird der größte Ausbau von Energie seit Jahrzehnten in Österreich", sagt Gewessler - dieses Gesetz ebne den Weg zu hundert Prozent sauberer Energie in Österreich ab 2030.

Bis zu einer Milliarde Euro an Förderungen soll die Republik dazu jedes Jahr in die Hand nehmen - wobei die Förderstruktur je nach Energieart unterschiedlich ausfallen soll: Bei den (immer billigeren) Solar- und Windkraftanlagen wird der Schwerpunkt in Zukunft auf einmaligen Förderungen für die Errichtung solcher Kraftwerke liegen, bei der Biomasse eher auf dem Betrieb.

Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) bei der Präsentation des neuen Gesetzes
Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) bei der Präsentation des neuen Gesetzes © Renner

"Das ist auch ein Investitionsprojekt", sagt Gewessler: Die neuen Förderungen sollten auch Arbeitsplätze in Österreich schaffen, indem etwa Installateure und Elekrtiker PV-Anlagen installieren. "Dieses Gesetz verbindet Ökologie mit Ökonomie", lobt Brunner: Gerade jetzt sei es wichtig, das Momentum zu nutzen und aus der Krise zu kommen. "Intelligenter Klimaschutz ist auch ein Standortfaktor".

Marktprämie statt Einspeistarif

Ein weiteres Kernstück des Entwurfs, der nun sechs Wochen lang zur Begutachtung aufliegt und, so der Wunsch der Minister, mit Anfang 2021 in Kraft treten soll, ist die Ablöse des fixen "Einspeistarifs" der bisherigen Ölostromförderung durch eine flexiblere Marktprämie. Sie soll einerseits einen Mindestpreis garantieren, den Strompoduzenten lukrieren können - wichtig für die langfristige Finanzierung von Kraftwerken auf Kredit -, andererseits dazu anregen, sich bessere Preise am Markt zu suchen. Und: steigt der Strompreis, sinkt die Prämie - damit muss der Staat weniger Geld in die Hand nehmen, wenn Stromproduzenten den Preis selbst erwirtschaften können.

Wie hoch diese Förderungen konkret ausfallen, soll die Regierung auch künftig jährlich per Verordnung festlegen können - allerdings nicht mehr auf Basis eines von Behörden ermittelten Preises wie bisher. Stattdessen sieht das neue Gesetz vor, je zwei international ausgeschriebene Gutachten zum Energiemarkt einzuholen, auf deren Basis die Regierung (ob alleine die Klimaministerin oder in geteilter Verantwortung) den Preis festlegt.

Grundlage für Energie-Gemeinschaften

Die Grünen haben sich in den koalitionären Vorverhandlungen dahingehend durchgesetzt, dass bei allen Kraftwerken ökologische Auflagen vorgesehen sind: So soll etwa keine Förderung zustehen, wenn Wasserkraftwerke an ökologisch wertvollen Flussstrecken gebaut werden, bei Photovoltaikanlagen kommt ein Abschlag für Freiflächen dazu: Die Reserve an verbaubaren Dächern sei groß genug. Die ÖVP-Handschrift in dem Gesetz liest sich dagegen etwa in der relativ hohen Förderung für die mäßig effizienten Biomasse-Kraftwerke - diese nehmen Bauern etwa Holz ab, was für Landwirte wichtig ist.

Weil das Thema Energie in Österreich eine Ländermaterie ist, braucht das EAG eine Zweidrittelmehrheit sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat.

Ein letzter Punkt soll es Bürgern schließlich ermöglichen, sich unkompliziert zu Energiegesellschaften zusammenzuschließen - etwa, wenn eine Wohnhaussiedlung gemeinsam eine Photovoltaik-Anlage nutzen will. In diesem Fall soll auch ein moderater Bonus dazukommen: Dafür, dass bei solchen "Nachbarschaftsnetzen" das gesamte Stromnetz weniger belastet wird, erhalten sie eine etwas höhere Förderung.

Ob das Gesetz wie geplant 2021 in Kraft treten kann, ist noch offen: Weil es sich um eine 2/3-Grundsatzmaterie handelt, könnten SPÖ und FPÖ gemeinsam das Gesetz im Bundesrat blockieren. Verhandlungen mit der Opposition sollen daher noch diese Woche starten.