Es ist eines der Standard-Argumente, das die ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz abwärts in den vergangenen Tagen immer wieder bringt, warum Österreich keine Migranten aus Moria aufnehmen wird: Die Republik leiste viel, auch in diesem Jahr: „Viele wissen gar nicht, was Österreich leistet. Allein in diesem Jahr hat Österreich 3.700 Kinder aufgenommen – das sind hundert Kinder pro Woche.“

Aber stimmt das auch wirklich? Nun, es kommt darauf an, wie genau man Begriffe versteht – zum einen, was mit „Kinder“ gemeint ist, zum anderen, was mit „aufnehmen“.

Der Begriff „Kinder“ sorge „teilweise für Verwirrung, weil viele reflexartig an (Klein-)Kinder denken“, schreibt der Wiener Völkerrechtler Ralph Janik in seinem Blog: nach der UN-Kinderrechtskonvention gelte allerdings „jeder Mensch, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat“ als Kind.

Und so verwendet auch der Bundeskanzler den Begriff: Seine Zahl (die 3.700) bezieht sich auf Minderjährige, also Null- bis 18-Jährige. Die überwiegende Zahl der Asylanträge in Österreich stammt aber von der Gruppe der 14- bis 18-Jährigen: Heuer standen bis Juli 538 Anträge unbegleiteter Minderjähriger aus dieser Altersgruppe nur 39 von unter 14-Jährigen gegenüber.

Auch „aufgenommen“ ist relativ: Auf Rückfrage beim Innenministerium, das die Daten verwaltet, heißt es gegenüber der Kleinen Zeitung, der Bundeskanzler beziehe sich auf die Zuerkennung von Asyl, subsidiärem Schutz oder humanitärem Bleiberecht für Minderjährige von Jänner bis August dieses Jahres. Dabei handelt es sich, angesichts der monatelangen Verfahren, großteils um Verfahren aus früheren Jahren – teilweise auch um Anträge von Kindern, die bereits in Österreich geboren wurden.

Die Zahl Minderjähriger, die tatsächlich heuer in Österreich angekommen sind und hier einen Asylantrag gestellt haben, ist deutlich niedriger: rund 700 unbegleitete Minderjährige (zum Alter siehe oben) wurde in diesem Sinn von Österreich „aufgenommen“.