Die Corona-Ampel war keine 24 Stunden in Kraft, schon gab es wütende Rufe aus einigen gelb gefärbten Städten. Haben Sie mit Kritik gerechnet?
Werner Kogler: Es mag sein, dass einzelne lauter geworden sind, aber in der Summe gibt es eine gute Kooperation mit Bundesländern und Städten. Und es wäre ja nicht untypisch, wenn die Minderheit immer lauter wird. Aber die Kritik muss man ohnehin relativieren.

In welcher Hinsicht?
Die wurde von einem Bürgermeister geäußert, der zu dem Zeitpunkt nicht einmal die Rechtslage gekannt hat. Und von einem einzelnen Landeshauptmann. Es ist ja allen klar, dass die Ampel ein Hilfswerkzeug ist, damit wir gut mit dem Virus umgehen können. Hätten wir diese regionale Flexibilität nicht, müssten wir bald wieder Veranstaltungen komplett einstellen, wenn irgendwo etwas passiert. Und außerdem: Bei Gelb geht die Welt auch nicht unter.

Eben diese regionale Flexibilität haben die Länder im Frühjahr gefordert, jetzt sind sie wieder nicht zufrieden. Verfluchen Sie den Föderalismus manchmal?
Nein, zudem kommt die Kritik nur von einigen wenigen. Mein Zugang lautet hier: Nur keine künstliche Aufregung, Schritt für Schritt voran arbeiten.

„Künstliche Aufregung“ und „desorientierte“ Bürgermeister – kann man aus diesen Aussagen ableiten, dass Sie die geäußerte Kritik ignorieren werden?
Die Bundesregierung kann sich ja nicht davon abhalten lassen, notwendige Schritte zu setzen, nur weil es irgendwo desorientierte Bürgermeister gib, die die Rechtslage nicht kennen.

Doch das mit der Rechtslage ist so eine Sache. Zwar können manche Maßnahmen ja mit Verordnungen durchgesetzt werden, das neue Corona-Gesetz wird aber frühestens Ende September stehen.
Es hat ja immer eine gültige Rechtsgrundlage gegeben, der Gesundheitsminister und die Behörden können entsprechende Anweisungen geben. Das war ja auch schon in Oberösterreich so, wo der Landeshauptmann nach dem „Freikirchen-Cluster“ im Sommer schon Maßnahmen gesetzt hat.

Haben wir aus dem Mega-Stau in Kärnten nicht gelernt, wozu fehlende Klarheit bei diesen Anweisungen führen kann?
Für die steirischen Behörden war offensichtlich alles klar, dort hat es an der Grenze keine Staus gegeben.

Also war Kärnten schuld?
Es stand ja nirgendwo, dass man jeden aufhalten muss, es ging lediglich um verstärkte Stichproben. Kärnten hat das nur so ausgelegt. Und man muss schon sagen, dass es ja Videokonferenzen mit den Landeshauptleuten und den regionalen Gesundheitsbehörden gegeben hat. Und da war keine Rede von Missverständnissen.

Zurück zum neuen Covid-Gesetz. Hätten Sie Verständnis dafür, wenn sich die Opposition im Bundesrat querlegt und das Gesetz verzögert?
Wenn die Bundesräte der Meinung sind, dass das Gesetz mehr schadet, als es nutzt, dann ist das ihr Recht. Wenn man aus anderen Gründen Nein sagt, könnte ich das weniger verstehen. Aber das muss jeder mit seinem Gewissen ausmachen.

Ihr Minister Anschober musste sich angesichts fehlerhafter Gesetzestexte Kritik gefallen lassen. Wie viele Fehler sind zuviel?
Da sind ja auch Beistrichfehler mitgezählt worden. Zudem wurde ehestmöglich korrigiert. Anschober ist ein sehr kritikfähiger Mensch, das unterscheiden ihn schon sehr von anderen. Ob die Kritik gerechtfertigt war, sollen die Obermoralisten entscheiden. Wir beglückwünschen jeden, der im Vorhinein weiß, wie es im Nachhinein kommt. Es ist schlicht ein Arbeiten in Hochgeschwindigkeit.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober
Gesundheitsminister Rudolf Anschober © APA/GEORG HOCHMUTH

Gearbeitet wird mit dem Koalitionspartner ÖVP. Wie schwer fällt das Durchsetzen grüner Themen?
Ich glaube, dass sich in der ÖVP nur die wenigsten gewünscht hätten, dass Investitionsförderungen so sehr an Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen gebunden sind, wie es jetzt ist. Zu Beginn der Krise wurde noch gemurmelt, dass es jetzt wohl vorbei sein wird mit der Klimamilliarde. Eingetreten ist das Gegenteil. Die ÖVP hätte das mit sich selbst oder einem anderen Koalitionspartner sicherlich anders gemacht.

Sie haben die Corona-Krise also für Klimaschutzinvestitionen durch die Hintertür genutzt?
Mit Sicherheit, weil es ökonomisch und ökologisch vernünftig ist. Leider werden durch die Krise Arbeitsplätze verloren gehen. Aber Investitionen in grünere Technologien werden auch Zukunftsjobs bringen.

Zuletzt haben mehrfache Ankündigungen neuer Verschärfungen, die dann doch nicht präsentiert wurden, für Wirbel gesorgt. Können Sie die mediale Kritik daran verstehen?
Letztlich zählen nicht Andeutungen und Ankündigungen, sondern gute gemeinsame Ergebnisse. Aber ja, ich verstehe, dass man immer etwas Neues wissen will. Und ja, nicht jede Passage dieser Presseauftritte war ganz frisch und neu.

Kogler und Kurz bei einer ihrer Pressekonferenzen
Kogler und Kurz bei einer ihrer Pressekonferenzen © APA/ROBERT JAEGER

Werden Sie sich impfen lassen, wenn ein Covid-Impfstoff da ist?
Wahrscheinlich schon.

Von Kanzler Sebastian Kurz kam ein klares Ja.
Dann sage ich „wahrscheinlich ja“. (lacht)