Das Defizit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) wird durch die Corona-Krise mehr als verdoppelt. Für heuer wird nun mit einem Verlust von 447 Millionen Euro gerechnet, geht aus der aktuellen Gebarungsvorschau hervor. Im Februar war man noch von einem Defizit von 175 Millionen Euro ausgegangen.

Dabei sind die den Unternehmen gestundeten Beiträge noch gar nicht mit einberechnet. Diese summieren sich bisher in der gesamten Sozialversicherung auf insgesamt rund 1,1 Milliarden Euro. Allerdings haben sich die Stundungen zuletzt deutlich eingebremst. Betriebe, die Kurzarbeit in Anspruch genommen haben, können die Beiträge nicht weiter stunden lassen.

Wie viel von diesen Stundungen tatsächlich verloren ist oder noch nachgezahlt wird, lässt sich noch nicht sagen. Endgültige Abschreibungen in Folge von Firmenpleiten folgen in der Regel mit einer Verzögerung von drei bis vier Jahren.

Ein "Kassenhilfspaket"

Man betont in der ÖGK, dass man dringend und nachhaltig Geld vom Bund braucht. Er habe von den Gesundheitssprechern aller Parlamentsparteien "positive Signale für ein Kassenhilfspaket", sagt ÖGK-Obmann Andreas Huss. In der Eröffnungsbilanz hatte die ÖGK mit 1. Jänner 2020 ein Reinvermögen von 1,3 Milliarden Euro ausgewiesen. Ohne Maßnahmen wäre dieses Vermögen, das zu einem guten Teil nicht in Barem besteht, theoretisch 2022 weg, so die Berechnungen.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) will nicht nur mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) über einen finanziellen Ausgleich für durch Corona bedingte Verluste reden, sondern auch mit den Bundesländern bezüglich der Krankenhausfinanzierung. Auch hier sollen die Gespräche noch im August starten, sagte er am Freitag in einer Pressekonferenz.

Minus auch bei Selbständigen

Auch die Sozialversicherung der Selbstständigen weist in der aktuellen Gebarungsvorschau ein Minus für das Jahr 2020 aus. Mit 23 Millionen Euro hat sich der erwartete Wert gegenüber der Juni-Prognose (22 Mio. Euro) nur leicht erhöht. Vor der Coronakrise war die SVS noch von Bilanzüberschüssen bis 2023 ausgegangen. SVS-Obmann Peter Lehner sprach in einer Aussendung am Freitag von einer "Stabilisierung in diesen fordernden Zeiten". 

Erfolg bei Sparte Unfall

Als "echten Managementerfolg" bezeichnete der in der ÖVP verankerte SVS-Obmann hingegen die ausgeglichene Gebarung der Sparte Unfall, die mit dem Kassenumbau unter der türkis-blauen Bundesregierung für die Selbstständigen von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) übernommen wurde. Dies zeige den großen Erfolg der Reform. "Mit optimierter Struktur und perfekten Prozessen erreichen wir sogar in diesen schweren Corona-Zeiten hohe Synergieeffekte", erklärte Lehner.

Dass es wegen des Lockdown kaum Unfälle in dieser Zeit gab und die Ambulanzen ungewöhnlich leer waren, erwähnt Lehner nicht.

Fusionskosten

Auch die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) erwartet im laufenden Jahr ein negatives Ergebnis. Das Minus soll bei 88 Mio. Euro liegen, was eine Abweichung von rund 8 Mio. Euro gegenüber der letzten Vorschaurechnung vom Februar 2020 bedeutet.

In die veranschlagten Zahlen seien einerseits die COVID-Auswirkungen einnahmen- und ausgabenseitig, andererseits auch die vollständige Leistungsharmonisierung im Zuge der Fusion der Versicherungen von Beamten (BVA), Eisenbahnern und Bergbau (VAEB) sowie der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe eingeflossen, gibt die Kasse ehrlicherweise zu Protokoll. Ebenso seien veranschlagte Investitionen in die Modernisierung von Gesundheitseinrichtungen mit enthalten, hieß es.