Nach Ausschreitungen in Wien-Favoriten, bei denen türkische Nationalisten mehrere Demonstrationen kurdischer und linker Aktivisten angegriffen hatten, habe man nun "vier Rädelsführer" ausforschen können. Das verkündete Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bei einer Pressekonferenz. Es handle sich dabei um Türken bzw. Österreicher mit türkischem Migrationshintergrund, die um die 30 Jahre alt seien.

Es sei zudem zu 30 Anzeigen gegen unbekannte Täter gekommen 10 davon seien bisher ausgeforscht worden. "Eine Vermummung schützt nicht vor Strafe", erklärte Nehammer. Einer der Rädelsführer - ein österreichischer Staatsbürger mit Migrationshintergrund - sei ein Gewalttäter gewesen, der mit einem Messer Menschen bedroht habe. Er habe sich der Festnahme durch die Polizei entzogen und sei geflüchtet, er sei jedoch ausgeforscht worden. Bei den anderen drei "Rädelsführern" könnte ein Mitglied der "Grauen Wölfe" vertreten sein.

Es sei "völlig inakzeptabel", dass Konflikte aus dem Ausland "bei uns" ausgetragen werden", bekräftigte der Minister. Dazu sei es offenbar in Favoriten gekommen. Die Lage sei in jedem Fall unübersichtlich gewesen.

Angriffe auf Polizisten gelten als "cool"

Die Ermittlungen seien noch nicht am Ende, der Innenminister wolle aber betonen: "Die Versammlungsfreiheit muss gewährleistet sein", diese dürfe auch "etwas kosten", wenn die Polizei hier tätig wird. Aber Ausschreitungen seien nicht zu akzeptieren.

Es gelte in diesem Milieu oft als "cool", Polizisten anzugreifen. "Das ist ein großes Problem", dieses Narrativ müsse durchbrochen werden. Es gebe in Favoriten "fast einen Wettbewerb", möglichst viele Polizisten anzugreifen. Deshalb müsse man "hinter die Kulissen" schauen und mit Vereinen arbeiten.

"Revierkämpfe" in Favoriten

"Wir sind inzwischen davon überzeugt, dass diese Demonstrationen bewusst gestört worden sind", erklärte der Wiener Landespolizeivizepräsidenten Franz Eigner. Die Polizei beobachte in Favoriten immer wieder "Revierkämpfe", denen man mit "massiver Polizeipräsenz" entgegentreten wolle. Für die für heute vorgesehene Demonstration in Favoriten werde der Polizeischutz gewährleistet sein.

Von "Revierkämpfen" sprach auch Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP), die hier "gewalttätige Konflikte aus dem Ausland" nach Österreich getragen sieht. "Wir müssen uns fragen: Wo gibt es diese parallelgesellschaftlichen Strukturen, wo entstehen sie und wo gibt es Brennpunkte?". Die "räumliche Segregation" sei hier ein wichtiger Faktor. 37 Prozent der Einwohner von Favoriten seien ausländische Staatsangehörige, 43 Prozent seien im Ausland geboren. Damit sei jeder Zweite, der in Favoriten lebt, im Ausland geboren. Raab sieht hier also einen "Brennpunkt".

"Werden Gesprächsverweigerung nicht akzeptieren"

Die Wienerinnen und Wiener nehmen laut Raab ebenfalls Brennpunkte in ihrer Stadt wahr, deshalb wolle sie diesen Entwicklungen gegensteuern. "Gelungenes Zusammenleben ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe." Den hier tätigen türkischen und kurdischen Vereine müsse man zudem klar machen, dass diese "eine Verantwortung haben".

Die Fronten zwischen den einzelnen Vereinen seien derzeit "verhärtet". Nehammer zeigte sich darüber "persönlich enttäuscht", in einer Demokratie müsse es immer möglich sein, miteinander zu reden. "Die Gesprächsverweigerung wird von uns so nicht akzeptiert."