Flaschen und Steine, die durch die Luft fliegen. Knallende Böller, Feuerwerkskörper, eingeschlagene Autoscheiben und ein enormes Polizeiaufgebot: Die Szenen, die sich in Favoriten an vier aufeinander folgenden Tagen der vergangenen Woche abspielten, kannte man in Wien bisher nur aus internationalen Nachrichten.

Im Zuge von Demonstrationen kurdischer Aktivistinnen, die von einem Mob aus türkischstämmigen Jugendlichen, türkischen Nationalisten und Mitgliedern der "Grauen Wölfe" angegriffen wurden, kam es wiederholt zu Ausschreitungen. 

Von einem "importierten Konflikt" zu sprechen, greift für den Politikwissenschafter Thomas Schmidinger aber zu kurz. "Alle Akteure leben in Wien", sagt er im ORF. Hat Wien also ein Integrationsproblem? 

Jürgen Czernohorszky, Integrations- und Jugendstadtrat von der SPÖ, verneint das: "Wir haben es hier mit einer sicherheitspolitischen Frage zu tun, nicht mit einem Integrationsthema", sagt er: "Für die friedliche Mehrheit haben wir Integrationsmaßnahmen in Schulen, Sozialarbeiter, und Jugendarbeit. Für gewaltbereite Radikale gibt es nur mehr die Polizei. Da gibt es keine Worte mehr, nur noch Tatütata."

Wiens Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ).
Wiens Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ). © (c) APA/HERBERT NEUBAUER

Dass Bundeskanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) nun Maßnahmen - vom Ausforschen der Hintermänner bis zu vermehrter Polizeipräsenz in Wien - angekündigt haben, begrüßt Czernohorszky: "Ich habe schon mehrmals gefordert, dass der Verfassungsschutz aktiv wird und die Ursachen sowie die politischen Hintergründe der Gruppe aufklärt", sagt er. In den angekündigten Gesprächen mit der Bundesregierung werde Wien seine Expertise einbringen: "Als wesentlicher Initiator des bundesweiten Netzwerks Deradikalisierung und Extremismusprävention war Wien schon mehrmals Ideen- und Impulsgeber für Maßnahmen gegen den Extremismus."

Der Sonntag verlief in Wien bisher ruhig, auch für die nächsten Tage ist keine neue Demonstration mehr angemeldet. Mit einer Spontankundgebung rechnet die Polizei nicht. Ein Nachspiel haben die Ausschreitungen aber schon heute: Der türkische Botschafter in Österreich, Ozan Ceyhun, ist ins Außenministerium zum Gespräch einbestellt. Die Regierung hofft, dass er deeskalierenden Einfluss nehmen kann und will ihn in die ausgearbeiteten Maßnahmen einbinden.

Um 9:00 Uhr geben außerdem Innenminister Karl Nehammer und Integrationsministerin Susanne Raab (beide ÖVP) gemeinsam mit Landespolizeivizepräsident Franz Eigner eine Pressekonferenz zu den vergangenen Ereignissen.