Grundsätzliches Lob, in Details aber auch Kritik kommt von Expertenseite an dem am Dienstag vorgestellten Investitions- und Entlastungsprogramm der türkis-grünen Koalition.

„Das ist schon ein beachtliches Volumen“. sagt Margit Schratzenstaller, Ökonomin und Budgetexpertin am Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Mit zwölf Milliarden Euro an neuen Maßnahmen zur Konjunkturbelebung plus 38 Milliarden an Maßnahmen zur Arbeitsplatz- und Existenzsicherung (wie der Kurzarbeit) könne sich der Umfang der Corona-Maßnahmen durchaus sehen lassen.

„Nach der letzten Wirtschaftskrise machten die Hilfen etwa vier Prozent des BIP aus“, so Schratzenstaller – diesmal sind es rund 13 Prozent. Lobend erwähnt die Ökonomin auch, dass die Maßnahmen nicht auf einmal ausgeschüttet werden, sondern „zitzerlweise, wie man in Österreich sagt“, gestaffelt über einen längeren Zeitraum.
Positivi sei auch die strukturelle Mischung aus Maßnahmen die Haushalten zugute kommen (wie dem Familienbonus und der Senkung des Eingangsteuersatzes Einkommensteuer), jenen für Unternehmen (etwa der Investitionsprämie) sowie allgemeinen öffentlichen Investitionen, die ohnehin geplant gewesen seien, nun aber vorgezogen werden: Besonders, dass hier ökologischen Investitionen (etwa in den Öffentlichen Verkehr, in Erneuerbare Energie oder in die Sanierung von Häusern der Vorzug gegeben wird, sei nicht selbstverständlich, so Schratzenstaller: Bemerkenswert, wie viel hier gegen den Klimawandel in die Hand genommen wird.“

Ob es mit diesen Hilfen getan sein wird, sei derzeit nicht absehbar, sagt Schratzenstaller: „es gibt durchaus Möglichkeiten, noch mehr zu tun“ – aber es sei vernünftig, nicht alles auf einmal auszuschütten, solange unklar sei, wie sich Arbeitslosigkeit und Wirtschaft in den kommenden Monaten entwickeln werden.

Relativ wenig für einkommenschwache Haushalte

Kritisch sieht Schratzenstaller, dass vergleichsweise wenig Geld in die Hand genommen werde, um einkommenschwachen Haushalten zu helfen: Während sie befürwortet, dass das Arbeitslosengeld nur temporär (per Einmalzahlung) erhöht wird, „hätte man hier durchaus großzügiger sein können“ – gerade einkommenschwache Haushalte hätten in der Regel wenig Ersparnisse, daher würde hier verteiltes Geld meist direkt in den Konsum fließen.

Und genau die Frage, ob die Österreicherinnen und Österreicher das Geld, das ihnen – etwa der Familenbonus von 360 Euro pro Kind oder die Rückzahlung der laufenden Lohnsteuer in Höhe von bis zu 370 Euro im September – bald mehr zur Verfügung steht, schnell ausgeben, werde mit entscheiden darüber, wie schnell sich die Wirtschaft erholen kann. „Im Idealfall gehen die Leute mit dem Geld einkaufen und bringen den Kreislauf wieder in Gang“ – der worst case sei dagegen, dass alle das Geld wegen Zukunfstängsten auf die hohe Kante legen.

Falscher Zeitpunkt, um über Konsolidierung zu sprechen

Aus diesem Grund sei jetzt auch der falsche Zeitpunkt, darüber zu sprechen, wie das Geld, das der Staat jetzt in die Hand nimmt, in den kommenden Jahren zurückgezahlt werden kann. „Natürlich wird die Staatsschuldenquote steigen“, sagt Schratzenstaller – aber würde jetzt über kommende Belastungen etwa durch neue Steuern gesprochen, bestehe die Gefahr, dass die Österreicher das Geld lieber zurücklegen als ausgeben würden.

Österreich habe durch seine Budgetüberschüsse eine günstige Ausgangslage – und dadurch, dass sich der Staat derzeit Schulden praktisch zum Nullzinstarif aufnehmen könne, sei auch der Druck nicht da, schnell mit Plänen zur Konsolidierung des Budgets zu kommen.

Kritik daran, dass Arbeitslose nur eine einmalige Erhöhung bekommen, kommt unterdessen von der Arbeiterkammer: „das ist eigentlich die große Enttäuschung der gestrigen Regierungsklausur, dass hier sehr wenig gekommen ist und eher ein bisschen Abschlagszahlungen“, sag AK-Chefökonom Markus Marterbauer auf Ö1. Wie die SPÖ fordert er eine Erhöhung auf 70 Prozent des Letzteinkommens.