Immer wieder steht Wien wegen seiner vergleichsweise hohen Zahl an täglichen Neuinfektionen in der Kritik. Rund 70 Prozent aller aktuellen Corona-Infektionen befinden sich in der Bundeshauptstadt. Mitgrund dafür sei eine "offensiven Test- und Gesundheitsstrategie“ sagt der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. Viele Tests würden eben auch mehr positive Testergebnisse und damit eine schlechtere Statistik bedeuten.

Wien testet anders

Tatsächlich werden in keinem anderen Bundesland so viel Corona-Tests durchgeführt wie in Wien. Seit dem 30. Mai sind es im Schnitt 2.000 Testungen pro Tag. Wien ist damit sowohl bei den absoluten Test-Zahlen, als auch bei den Tests pro 100.000 Einwohner an die Spitze gerückt. Durch die derzeitige Test-Strategie werden nicht zuletzt viele asymptomatische Fälle entdeckt, bei denen die Betroffenen keinerlei Krankheitssymptome haben. Das zeigen konkret die Infektionszahlen der letzten Woche.

Von Samstag 6. Juni bis Samstag 13. Juni wurden in Wien 162 Personen positiv auf Covid-19 getestet. Rund zwei Drittel der verhältnismäßig relativ jungen Infizierten zeigten allerdings keinerlei typische Symptome und hätten deshalb auch keinen Test über die Gesundheitshotline 1450 bekommen. Zudem befanden sich zwei Drittel der positiven Fälle schon in Heimquarantäne, weil sie enge Kontaktpersonen von bereits Infizierten waren. Anstatt es bei der Quarantäne zu belassen, testet die Stadt auch diese Kontaktpersonen durch. So sollen weitere Infektionsketten gefunden werden, weil eben auch Personen ohne Symptome ansteckend sein können.

Immer weniger Tests im Rest Österreichs

Über die Gesundheitshotline 1450 kommen täglich nur mehr rund 100 der 2.000 Testeinmeldungen. „In Wien wird anders getestet als in anderen Bundesländern, deshalb gibt es bei uns auch diese höheren Neuinfektionen. Da vergleicht man Äpfel mit Birnen“, heißt es aus dem Büro von Stadtrat Hacker. Wenn alle Bundesländer gleich wie Wien testen würden, hätten sie möglicherweise auch höhere Infektionszahlen.

Statt mehr zu testen, wird im Rest Österreichs derzeit aber sogar immer weniger getestet. Dabei hätten die Anzahl der Corona-Tests im Juni vor allem in Tourismusregionen steigen sollen. Seit die Hotels Ende Mai wieder aufgesperrt haben, sollten in ausgewählten Pilotregionen – darunter auch dem Wörthersee oder SpielbergSchwerpunkt-Testungen bei Tourismus-Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitern durchgeführt werden. So hätte das Tourismusministerin Elisabeth Köstinger zumindest am 29. Mai angekündigt. Tatsächlich sind die Testzahlen aber in allen Bundesländern bis auf Wien, Kärnten und Niederösterreich zurückgegangen.

Corona-Tests werden von Bund bezahlt

Warum die andern Bundesländer nicht eine ähnliche Test-Strategie wie Wien verfolgen, will man im Wiener Rathaus nicht kommentieren, das müsse schließlich jedes Bundesland selbst entscheiden. Bezahlt werden die Tests für Wien und auch alle anderen Bundesländern übrigens vom Bund. Die Test-Kosten von März und April belaufen sich für Wien auf rund 1,1 Millionen Euro und dürften wohl für Mai und Juni noch höher ausfallen. Die derzeitigen Test-Ressourcen will man trotz der Kosten auch weiter nutzen. Die jetzt gewonnenen Daten und Erfahrungen seien wichtig, sollten die Zahlen wieder ansteigen. Im Büro des Gesundheitsstadtrats geht man davon aus, dass das im Juli bereits der Fall sein wird.