In der Islamischen Glaubensgemeinschaft herrscht aktuell Diskussionsbedarf. Anlass ist der Rückzug der einzigen weiblichen Vertreterin aus dem Obersten Rat. Während sie neue Angriffe gegen ihre männlichen Kollegen setzt, weist die IGGÖ Anschuldigungen zurück.

Nach dem Rückzug von Fatma Akay-Türker hat indes auch die Islamische Jugend am Mittwoch Kritik geübt. "Auch uns reicht es", wurde in einer Aussendung betont. Wie in der breiten Gesellschaft gebe es auch in den muslimischen Communities dringenden, frauenpolitischen Handlungsbedarf.

Man müsse sich fragen, wie ernst die Ankündigung der IGGÖ gewesen sei, den Frauen mehr Möglichkeiten innerhalb der Glaubensgemeinschaft zu geben, so die Vorsitzende der Muslimischen Jugend, Nermina Mumic. Sie erinnerte an den Frauenschwerpunkt "EmpowHer" ihrer Organisation, mit dem junge Musliminnen gefördert werden sollen. Die Hoffnung sei, zumindest in und für die nächste Generation von Musliminnen und Muslimen ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen.

Männer unter sich?

Noch ist unklar, wer Fatma Akay-Türker in der Glaubensgemeinschaft nachfolgen wird. Sie selbst hatte erklärt, dass bereits ein männlicher Nachfolger bestimmt sei. Die IGGÖ wiederum erklärte in einer Aussendung, es obliege nun dem Schura-Rat, der Verfassung der Glaubensgemeinschaft folgend bei seiner nächsten Sitzung im Herbst eine Nachfolgerin für sie zu wählen.

Akay-Türker habe Ende Mai in einer formlosen Email überraschend ihren Rücktritt als Frauensprecherin der IGGÖ bekanntgegeben, ohne jedoch ihre Beweggründe dafür näher auszuführen, schreibt die Glaubensgemeinschaft in ihrer Stellungnahme. Zumindest medial erläutert die nunmehr ehemalige Frauensprecherin dagegen den Schritt aktuell sehr wohl. So meint sie im "Standard": "In der IGGÖ wurde die Abwertung der Frau institutionalisiert.“ Sie habe seit ihrem Antritt im Jänner 2019 nie öffentlich auftreten dürfen: "Es reicht. Ich möchte nicht mehr, dass die Frauen eingeschüchtert werden."

Kein öffentlicher Auftritt

Auch als Religionslehrerin wird Akay-Türker nicht weiter arbeiten. Denn in dieser Funktion dürfe sie nicht in Freiheit reden, die Verhältnisse nicht hinterfragen.

Die IGGÖ hält entgegen, man gehe davon aus, dass sie ihren Dienstverpflichtungen auch weiterhin nachkomme. Denn beim Schulamt sei noch kein Kündigungsschreiben eingegangen und die Tätigkeit im Obersten Rat stehe mit der Lehrtätigkeit nicht im Zusammenhang.

Inhaltlich wird die Kritik Akay-Türkers zurückgewiesen. Die Verwirklichung der Geschlechtergerechtigkeit innerhalb der muslimischen Gemeinschaft als auch ihrer eigenen Strukturen sei ein dezidiertes Anliegen der IGGÖ und ein notwendiger Prozess, der mit der Besetzung wichtiger Posten mit Frauen im vergangenen Jahr in Bewegung gesetzt worden sei.

Nichtsdestotrotz nehme die Glaubensgemeinschaft dies zum Anlass, ihren bisherigen Reformprozess selbstkritisch zu evaluieren und weitere notwendige Schritte zur Umsetzung der angestrebten Ziele zu setzen, heißt es in der Aussendung.