Es war ein unerwartet gutes Ergebnis, das SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bei ihrer Vertrauensabstimmung von der Basis bekam - 71 Prozent Zustimmung bei einer Beteiligung von 41 Prozent der 160.000 Mitglieder - aber kein unumstrittenes. Fünf der 14 anwesenden Mitglieder der Wahlkommission der Partei haben das Ergebnis vor der Vorstandssitzung am Mittwoch wegen Bedenken gegen den Abstimmungsmodus nicht angenommen, wie mehrere Teilnehmer der Kleinen Zeitung bestätigen.

Zur Stunde ist aber keine jener fünf Personen an die Öffentlichkeit gegangen, die Bedenken hatten. Der Vorsitzende der Wahlkommission, das Wiener SPÖ-Urgestein Harry Kopietz - er hat einst das Donauinselfest erfunden - sagt, mehrere Mitglieder der Kommission hätten sich am Mittwoch im nachhinein gefragt, ob der Wahlmodus der richtige gewesen sei - obwohl die Kommission von Anfang an in die Planung der Abstimmung eingebunden gewesen sei.

Code gegen doppelte Stimmabgabe

Konkret hätte die Wahlkommission im voraus folgenden Modus für die Mitgliederbefragung festgelgt gehabt: Alle 160.000 Mitlgieder sollten die Möglichkeit haben, wahlweise per Brief oder online an der Abstimmung teilzunehmen. Damit niemand doppelt abstimmen kann, habe jeder Teilnehmer bei der Aussendung der Teilnahmeformulare einen eindeutigen (Streifen-)Code zugewiesen bekommen. Wenn zwei Stimmen (eine per Post, eine online) mit demselben Code bei der Partei einlangten, sollte nur die Papierform gelten.

Damit gleichzeitig gewährleistet ist, dass nicht nachvollziehbar ist, wer wie abgestimmt hat, wurde die Zuordnung persönlicher Daten und der Codes gleich nach Vervollständigung der Formulare unter Aufsicht der Kommission vernichtet, sagt Kopietz.

Weil das technisch aber nicht unkompliziert - und angesichts der Vielzahl an Stimmen auch aufwendig - war, hat sich die Partei dreier externer Dienstleister bedient, um die Stimmen auszuwerten: Ein EDV-Unternehmen habe den Einlauf der 36.198 Online-Teilnehmer, ein anderes jenen der 32.440 per Post eingelangten Formulare ausgezählt. Beide Datenträger mit den Ergebnissen habe die Partei dann der Firma Dataselect übergeben, die daraus das Endergebnis zusammengeführt hat. Eine Manipulation sei ausgeschlossen, so Kopietz.

Stichprobenüberprüfung nicht mehr möglich

Gestern sollen nun einige Mitglieder der Kommission unglücklich mit diesem Modus gewesen sein - unter anderem der Nachvollziehbarkeit des Weges der Stimmen wegen. Eine eingeforderte Stichprobe - zum Beispiel der Auswertung des Fragebogens eines Kommissionsmitglieds - sei aber unmöglich, sagt Kopietz: "Weil die Zuordnung des Codes zu einer Person vernichtet worden ist, lässt sich das nicht nachverfolgen; das wäre nur gegangen, wenn sich ein Mitglied seinen Code gemerkt hätte."

Aber hätte das nicht von vornherein klar sein müssen - und warum bringen die Mitglieder das erst nach der Befragung auf? "Ich kann mir das schon denken", sagt Kopietz - "aber ich will es Ihnen nicht sagen."

Eine ähnliche Vermutung scheint man jedenfalls auch im Büro von Rendi-Wagner angesichts Anfragen zur Validität des Wahlergebnisses zu haben: "Das Ergebnis steht in keinster Weise infrage", sagt eine Sprecherin der Parteichefin der Kleinen Zeitung - und ersucht, sich nicht von internen Kritikern "vor den Wagen spannen zu lassen", die den Erfolg der Befragung in Zweifel ziehen wollten.

Rendi-Wagner selbst hatte in der gestrigen Zib2 - die neben der APA als erste über die Unstimmigkeiten berichtet hatte -, betont, dass der Parteivorstand das Ergebnis einstimmig zur Kenntnis genommen hatte - ab Minute 9:

Notarielle Prüfung

Nach wachsender Kritik an dem Modus hat sich die Partei zu einer Überprüfung der Auszählung unter notarieller Aufsicht entschieden. Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sprach am Donnerstag gegenüber der APA von einer "ungeheuerlichen Verleumdungskampagne". Einzelne Personen wollten offenbar der Partei schaden. "Fake News" werde man jetzt entgegnen.

Deutsch kündigte an, bereits am morgigen Freitag die Überprüfung durchzuführen. Die Mitglieder der Wahlkommission sind dazu eingeladen, zusätzlich werde es Unterstützung von unabhängiger Stelle geben: der Präsident der österreichischen Notariatskammer Michael Umfahrer wird persönlich die Überprüfung begleiten. Auch die an der Auswertung beteiligten Firmen werden anwesend sein.

Dabei wird es zwar zu keiner kompletten Neuauszählung kommen, jedoch werden alle Wünsche der Kommission erfüllt - etwa das Ziehen von Stichproben, was dem Vernehmen nach einzelne Mitglieder der Wahlkommission vermisst hatten.

Durchgeführt wird die Überprüfung an unterschiedlichen Orten - nämlich dort, wo die Auszählungsschritte stattgefunden hatten. Diese waren ja getrennt worden, nachdem - je nach Wunsch -die Befragung online oder postalisch durchgeführt wurde.