Kann eine App ein Weg aus der Corona-Krise sein? Wie die Kleine Zeitung erfahren hat, denken Teile der Bundesregierung intensiv darüber nach, wie die Möglichkeiten der modernen Technologien den Weg zurück in die Normalität ebnen könnten.

Derzeit beobachtet man jedenfalls sehr aufmerksam die „Stopp Corona“-App des Roten Kreuzes, die aufzeichnet, in wessen „Infektionsradius“ man eintritt – und Warnungen verschickt, sollte eine dieser Personen binnen 14 Tagen Corona-positiv getestet werden.

Derzeit basiert das ausschließlich auf Freiwilligkeit –das könnte sich aber noch ändern. In der Regierung mehren sich die Stimmen, die darüber nachdenken, die Teilnahme am öffentlichen Leben – etwa, ob man in Geschäfte darf – daran zu koppeln, ob man diese App (oder eine ähnliche) am Mobiltelefon installiert hat.

Fix ausdiskutiert ist das in der türkis-grünen Koalition allerdings noch nicht – die Grünen loben so weit nur die freiwillig genutzte App. Was auch damit zusammenhängen mag, dass eine solche Nutzung einer Tracking-App als Ticket in die Normalität schnell an die Grenzen des Grundrechts auf Datenschutz stoßen könnte.

Keine Freiwilligkeit, wenn Teilnahme an App gekoppelt

Dass personenbezogene Daten verarbeitet werden – selbst anonymisierte – ist nämlich nur in zwei Fällen erlaub, erklärt Nikolaus Forgó, Professor für Technologierecht an der Uni Wien: Zum einen, wenn ein Nutzer der App freiwillig zustimmt – die Freiwilligkeit sei aber dahin, wenn ohne App Nachteile wie „du darfst nicht einkaufen gehen“ drohten.

Die zweite Ausnahme besteht, wenn eine gesetzliche Grundlage für einen solchen App-Zwang geschaffen würde. Ein Gesetz müsse aber die Verhältnismäßigkeit wahren, sagt Forgó – und der Nutzen einer solchen App sei noch nicht bewiesen. Forgó warnt vor Schnellschüssen – „sonst drohen chinesische Verhältnisse“.

Auch Jaro Krieger-Lamina, Experte für Technologiefolgenabschätzung an der Akademie der Wissenschaften, sieht den Nutzen solcher Apps nicht, der Zwang rechtfertigen würde: „Die Info, dass man Menschen nahe war, die später positiv getestet werden, bringt mehr Unsicherheit als Sicherheit“ – mehr als Hände zu waschen und Kontakte zu meiden, sei für die meisten Menschen nicht möglich, findet Krieger-Lamina. „Ich frage mich, was macht es mit dem sozialen Gefüge, wenn man ständig überlegt, wem bin ich wo begegnet?“

Fragen, die sich am Ende der Verfassungsgerichtshof stellen müsste, wenn die Nutzung einer solchen App Voraussetzung zur Teilnahme am öffentlichen Leben werden sollte. Dessen Entscheidung würde allerdings Monate dauern – möglicherweise so lange, bis ohnehin keiner mehr die App braucht.