Wofür haben Sie Ihren letzten Strafzettel kassiert?

Karl Nehammer: Fürs Falschparken, so wie ich mich kenne. Das ist jetzt keine Option mehr.

Heute sind Sie Chef der Behörde, die Strafzettel ausstellt. Vor Wolfgang Peschorn hatte hier Herbert Kickl das Sagen. Wie wird sich Ihre Amtszeit als Innenminister von der seinen unterscheiden?

Ich stehe für Konsequenz und Klarheit. Da es sich aber um ein sensibles Ressort handelt, weil es ja auch um den Schutz von Grundrechten geht, braucht es die notwendige Sensibilität. Das ist wohl der größte Unterschied zu meinem Vorgänger.

Dieser setzte zudem auf Inszenierung. Werden Sie das auch tun?

Konsequente Amtsführung ist wichtig. Wenn man sich aber der damit einhergehenden Verantwortung bewusst ist, ist Inszenierung fehl am Platz. Demut und Respekt sind hier angebrachter.

Sehen Sie sich als Aufräumer?

Das Ressort ist groß, es gibt viel zu tun. Jetzt beginnen wir mit der Sicherheitsoffensive, die 4300 zusätzliche Polizisten auf die Straße bringt. Das ist, was sich die Menschen wünschen.

Bei der Auswahl der Polizeianwärter wurden stetig die Anforderungen gesenkt, zuletzt auch jene im Sportbereich. Werden Sie wieder nachschärfen?

Die Verantwortlichen haben genau darauf geachtet, dass die Bewerber geeignet sind, und dabei werde ich es auch belassen.

Im Bereich BVT werden Sie handeln müssen. Wie wollen Sie das lädierte Ansehen Österreichs bei ausländischen Geheimdiensten reparieren?

Wir werden den Verfassungsschutz neu bauen – mit einer staatspolizeilichen und einer geheimdienstlichen Komponente. In diesen Prozess will ich auch die Sicherheitssprecher der anderen Parteien und ausländische Experten einbinden. So geben wir dem BVT den nötigen parlamentarischen Rückhalt und signalisieren ausländischen Partnern, dass wir aus unseren Fehlern gelernt haben.

Und wann soll dieser Umbau abgeschlossen sein?

Das wird nicht von heute auf morgen gehen. Aber wir werden das rasch angehen.

Rasch soll auch die Sicherungshaft angegangen werden, zahlreiche Experten sehen unüberbrückbare rechtliche Hürden. Sie auch?

Beide Parteien sind sich einig, dass es hier eine Gesetzeslücke gibt. Die Herausforderung wird sein, diese verfassungskonform zu schließen. Denn was mache ich, wenn jemand besonders gefährlich ist, aber Schub- und Untersuchungshaft nicht greifen? Wir müssen uns der Herausforderung stellen, eine Lösung zu suchen.

Rechnen Sie in Ihrer Amtszeit mit einer erneuten Migrationswelle wie 2015?

Man weiß nie, wann Krisen entstehen. Mir ist wichtig, dass wir vorbereitet sind. Grenznahe Asylverfahren und Rückkehrzentren stellen unter anderem sicher, dass der Staat handlungsfähig bleibt. Genau diesen Eindruck hatte man 2015 nicht – das schafft Verunsicherung.

Das lag auch an der Regierung, die sich nicht einig wurde. Türkis-Grün hat einen Passus geschaffen, der bei Uneinigkeit das Suchen anderer Mehrheiten erlaubt.

Dabei handelt es sich um einen Krisenmechanismus, das wäre ein letztmöglicher Schritt. Und ganz ehrlich: Ich habe die Grünen in diesem Bereich als ernsthafte Verhandlungspartner erlebt. Ich glaube nicht, dass wir den Passus brauchen werden.

Haben Sie je grün gewählt?

(Lacht) Nein.

Zurück zu den grenznahen Asylverfahren. Wie genau sollen diese aussehen?

Ziel ist es, dass wir, wenn viele gleichzeitig an unseren Grenzen ankommen, gleich vor Ort das Asylverfahren beginnen und Bleibewahrscheinlichkeiten klären. Wer aus einem Land mit geringen Chancen kommt, bei dem soll gleich die Rückkehrberatung einsetzen – inklusive Wohnsitzauflage – und der soll dann gleich in das Land zurückgestellt werden, aus dem er kommt. Zudem soll schon an der Grenze geklärt werden, ob es sich um einen Dublin-Fall handelt und die Person in das für das Verfahren zuständige Land rückgestellt werden kann.

Wer also geringere Chancen auf Asyl hat, darf den Grenzraum erst gar nicht verlassen?

Das ist mit der Wohnsitzauflage verbunden, ja.

Sie haben sich den Kampf gegen die illegale Migration auf die Fahnen geschrieben. Was wollen Sie als Innenminister des kleinen Landes Österreich gegen dieses weltweite Phänomen ausrichten?

Es ist essenziell, sich einerseits auf europäischer Ebene für eine Lösung einzusetzen, aber auch wir müssen das Gespräch suchen. Mit Rückkehrabkommen kann man einiges bewegen.

Von denen träumt die heimische Politik seit Jahren, wirklich viele davon kann Österreich bisher aber nicht vorweisen.

In Kooperation mit internationalen Organisationen können wir solche Abkommen schließen. Ein Beispiel ist Nigeria. Hier konnte man Vertrauen aufbauen, heute sind Rückführungen leichter möglich.

Wer Asyl bekommt, entscheidet das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Doch ein großer Teil der Bescheide wird aufgehoben. Was macht Ihre Behörde falsch?

Viele dieser Aufhebungen sind auch Formalfehlern geschuldet. Ich muss mich hier aber vor die betroffenen Beamten stellen. Es ist eine schwierige Aufgabe, viel hängt auch davon ab, wie kooperationswillig die Asylwerber selbst sind. Ich möchte nicht eine so schwerwiegende Entscheidung treffen müssen.

Umso erstaunlicher ist es, dass diesen Entscheidern juristische Fachkenntnisse fehlen.

Wir werden uns anschauen, was die Beamten für ihre Arbeit brauchen, und hier in eine Qualitätsoffensive investieren.

Sie sind passionierter Boxer: Was wollen Sie in Ihrer Amtszeit unbedingt durchboxen?

Ich habe beim Boxen gelernt, dass es auf Disziplin und Durchhaltefähigkeit ankommt. Politik kann viel härter sein als Boxen, ein Wort kann mehr verletzen als ein Schlag. Ich nehme mir vor, das jedenfalls nicht zu tun.