Ulrike Lunacek, ehemalige grüne Europaabgeordnete und bei der Nationalratswahl 2017 gescheiterte Spitzenkandidatin der Partei, übernimmt die Kultur-Agenden, das erfuhr die Kleine Zeitung schon vorab exklusiv.

Vor zwei Jahren führte sie die Grünen aus dem Nationalrat, jetzt zieht sie mit ihnen in ein Staatssekretariat mit Kunst- und Kulturschwerpunkt. Ulrike Lunacek ist die Überraschung unter den Kabinettsmitgliedern ihrer Partei. Parteichef Werner Kogler holt sich mit ihr aber eine der erfahrensten Protagonistinnen seiner Bewegung an die Seite.

Politisch hat Lunacek schon einiges durchgemacht. Zunächst im Nationalrat, dann nach hartem internen Fight mit Johannes Voggenhuber im EU-Parlament, wo sie es bis zur Vizepräsidentin brachte und schließlich das Opfer, sich bei der vorletzten Nationalratswahl unter widrigsten Bedingungen als Spitzenkandidatin zur Verfügung zu stellen - ein Manöver, das mit einem veritablen Bauchfleck für sie persönlich, vor allem aber für die Partei endete.

Niederlage 2017

Ihrem internen Image hatte die schmerzhafte Niederlage von 2017 nicht geschadet. In letzter Zeit sah man Lunacek wieder öfter bei den Grünen. Als Kogler sie heuer am Jubel-Wahlabend auf die Festbühne holte, war der Applaus warm, auch wenn es der gebürtigen Kremserin selbst etwas unangenehm zu sein schien, wieder im Blitzlicht zu stehen.

Lunacek gilt als Pragmatikerin innerhalb der Grünen. Positionen der Volkspartei werden ihr nicht fremd sein, stammt sie doch aus einem konservativen Elternhaus. Ihr Vater war unter anderem Generaldirektor bei der Raiffeisen Ware, die Familie lebte in Niederösterreich und Wien durchaus bürgerlich.

Die junge Lunacek zog es von dort in die Welt. Nach einem Austauschjahr in den USA studierte sie in Innsbruck Dolmetsch für Englisch und Spanisch. Sie war etwa beim Aufbau des Innsbrucker Frauenhauses involviert, Redakteurin des Magazins "Südwind" und Obfrau des Vereines "Frauensolidarität". Weitere Stationen der passionierten Schwimmerin, die bei den Eurogames für homosexuelle Sportler zahlreiche Medaillen einsammelte: Der Sportverein für Lesben und Freundinnen "Marantana", das Österreichische Lesben- und Schwulenforum sowie das Wiener "TheaterBrett", wo sie als Pantomime auftrat.

Ihre parteipolitische Karriere begann Lunacek 1995, als sie erstmals für den Nationalrat kandidierte, jedoch etwas überraschend angesichts des enttäuschenden Abschneidens der Grünen scheiterte. Entschädigt wurde Lunacek ein Jahr später, als sie zur Bundesgeschäftsführerin avancierte. 1999 gelang schließlich der Sprung in den Nationalrat, dem sie bis zum Wechsel ins Europaparlament im Jahr 2009 angehörte.

Was Lunacek da wie dort auszeichnete, war der Drang zur Sachpolitik. Wichtig war ihr, die seit vielen Jahren in einer Beziehung mit einer Peruanerin lebt, stets die rechtliche Gleichstellung Homosexueller. In der Europapolitik wurde der Kosovo zu ihrer Schwerpunkt-Region. Dort war sie Berichterstatterin des Europaparlaments.

Wegen ihres Engagements ist Lunacek über die eigenen Parteigrenzen hinaus anerkannt. Auch innerhalb der Grünen wird wenig Negatives über sie berichtet. Als Schwäche gesehen wird allenfalls, dass sie als ein wenig beratungsresistent gilt. Volkstümlichkeit ist nicht Lunaceks größtes Atout, aber an sich schlägt sie sich auch im Kontakt mit der nicht unbedingt grün-affinen Wählerschaft ordentlich, sonst hätte sie als Spitzenkandidatin bei der EU-Wahl 2014 wohl auch nicht jene 14,5 Prozent erreicht, die bis heute das beste Ergebnis ihrer Partei bei einem bundesweiten Urnengang bedeuten.

Das Staatssekretariat ist möglicherweise Schlusspunkt ihrer politischen Karriere. Die Position ist nicht sonderlich glamourös, aber man kann durchaus etwas daraus machen, alleine dadurch dass sie an der Seite Koglers im Zentrum der Grünen Gestaltungsmöglichkeiten steht.