Eineinhalb Jahre lang, von Dezember 2017 bis Mai dieses Jahres, war die türkis-blaue Koalition an der Macht. Zuletzt hat der Verfassungsgerichtshof gleich mehrere in dieser Zeit beschlossene Gesetze wieder aufgehoben.

Nicht nur den Kernpunkten der Mindestsicherungsreform – der absteigenden Sozialhilfe bei Mehrkindfamilien sowie der Kürzung bei mangelnden Sprachkenntnissen – haben die Verfassungsrichter den Garaus gemacht; auch weite Teile des türkis-blauen „Sicherheitspakets“ wurden erst in der vergangenen Woche für verfassungswidrig erklärt.
Aufgehoben wurden davon unter anderem Bestimmungen über den „Bundestrojaner“ sowie über die automatische Auswertung von Video-und Section-Control-Daten von Autofahrern. Die Überwachungsmaßnahmen hätten keinen ausreichenden Schutz in die Überwachung einbezogener unbeteiligter Dritter vorgesehen, argumentierten die Richter.

Fusion der Sozialversicherungsträger

Was bleibt damit noch übrig von den groß verkündeten Reformen des angeblichen „neuen Kurses“ unter Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache? Eine zentrale Errungenschaft ist jedenfalls die Fusion der 21 Sozialversicherungsträger zu fünf Anstalten, die der VfGH im Kern bestätigt hat.

Auch Steuerreformen wie der „Familienbonus“, der Arbeitnehmer mit Kindern bis zu 1500 Euro im Jahr bringen soll, gilt bereits. Erst nach Ende der Koalition kam der erste Teil der groß angekündigten Steuerreform in den Nationalrat – inklusive der Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für Geringverdiener und etlicher Öko-Begünstigungen, aber noch ohne die breitenwirksame Senkung der Eingangssteuersätze, der Körperschaftssteuer oder gar der Abschaffung der kalten Progression. Auch andere türkis-blaue Projekte wie die Ausweispflicht in Online-Foren, eine ORF-Reform oder verpflichtende Volksabstimmungen nach erfolgreichen Volksbegehren waren erst für später in der Legislaturperiode geplant.

In Angriff genommen wurde dagegen der Umbau der Finanzverwaltung, die statt aus vielen einzelnen Ämtern künftig nur noch aus einem „Finanzamt Österreich“ bestehen soll. Weit mehr praktische Auswirkungen auf den Alltag vieler Arbeitnehmer dürfte die umstrittene Arbeitszeitreform haben, die in Ausnahmefällen auch den 12-Stunden-Tag ohne Mitwirkung eines Betriebsrats vorsieht.

Noch vor dem Verfassungsgerichtshof ausgefochten wird die eigentümliche Lösung des Karfreitagsproblems: Statt eines exklusiven Feiertags für Protestanten und Altkatholiken steht jetzt jedem Arbeitnehmer ein einzelner (nicht zusätzlicher) Urlaubstag zu, den er einseitig ohne Zustimmung des Arbeitgebers nehmen kann.

Bereits in Kraft sind Reformen im Schulwesen: Künftig gibt es zwischen 26. Oktober und 1. November Herbstferien, die Ziffernnoten kehren in die Pflichtschule zurück und Schüler mit Nachholbedarf kommen in eigene Deutschförderklassen. Ferner gilt ein Kopftuchverbot an Volksschulen – Anzeigen deswegen bisher: null.