Am Donnerstag soll in einer Untergruppe zu den Koalitionsverhandlungen zwischen Volkspartei und den Grünen das Thema Bundesheer abgehandelt werden. In Heereskreisen und wehrpolitischen Vereinigungen macht sich große Verunsicherung breit. Die Warnungen von Verteidigungsminister Thomas Starlinger, wonach das Bundesheer vor der Pleite stehe, würden bei Türkis-Grün kein Gehör finden. Es sei "eine Koalition im Entstehen, die das Ende des Bundesheeres herbeiführen könnte“, drückt Brigadier Erich Cibulka, Präsident der Österreichischen Offiziersgesellschaft, die Bedenken vieler Militärangehöriger aus.

Dass Fass zum Überlaufen brachte ein Interview mit Brigadier Michael Schaffer in der Zib2 vom Montag (hier in der ORF-TVthek abrufbar). Der Präsident der Milizverbände, der die ÖVP in den Regierungsverhandlungen berät, sprach sich dort nicht nur für eine drastische Verkleinerung des Anteils von Berufssoldaten in der Armee zugunsten der Miliz aus. Er hält es auch für sinnvoll, den Grundwehrdienst auf das Modell 4+2 zu ändern, also vier Monate Dienst plus zwei Monate verpflichtender Truppenübungen.

Schaffer gilt wegen seiner Aussagen bei Militärs und heeresnahen Vereinen als umstritten. Als Präsident der "Bundesvereinigung der Milizverbände" würde der Salzburger als Repräsentant der Milizsoldaten auftreten, obwohl ihm dazu die Legitimation fehle, lautet ein Vorwurf. Diese Standesvertretung beansprucht für sich der erst heuer gegründete "Milizverband Österreich" (MVÖ), in dem alle Kommandanten der zwölf österreichischen Milizbataillone vertreten sind und der auch offiziell vom Verteidigungsministerium unterstützt wird.

MVÖ-Präsident Brigadier Johannes Kainzbauer konntert nun Schaffer, ohne ihn namentlich zu nennen: "Ohne eine Rückkehr zum jahrzehntelang bewährten Modell von 6 Monaten Grundwehrdienst und 2 Monaten Truppenübungen wird es bald keine Miliz mehr geben." Gedankliche Spielereien über verkürzte Ausbildungszeiten seien verantwortungslos und stellen ein Sicherheitsrisiko für die eingesetzte Truppe aber auch die österreichische Bevölkerung da, sagt Kainzbauer.

Schrittweise Abschaffung

Auch die Österreichische Unteroffiziersgesellschaft (ÖUOG) spricht sich vehement für das Modell "6+2" aus. Präsident Vizeleutnant Othmar Wohlkönig warnt vor einer "mutwilligen Zerstörung der strategischen Handlungsreserve" und der "schrittweisen Abschaffung des Bundesheeres". Die Interessensgemeinschaft der Berufsoffiziere (IGBO) greift Schaffer frontal an und bezeichnet ihn als einen "in der Praxis wohl absolut unerfahrenen Brigadier des Milizstandes und Obmann eines zu hinterfragenden Vereines, der sich nachvollziehbar immer wieder selbst widerspricht." Sprecher Oberst i.R. Siegfried Albel rät den Koalitionsverhandlern dringend darauf zu achten, welchen Beratern sie vertrauen.

Auch der Kameradschaftsbund (ÖKB) meldet sich zu Wort: "Ich bin wirklich entsetzt, einen solchen Vorschlag aus dem Munde eines Milizvertreters zu hören", sagt Präsident Ludwig Bieringer. Der ÖKB unterstütze allerdings die Forderung nach einer fundierten Strukturreform im Bundesheer.