NEOS-Vorsitzende und Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger, Sprecherin für Inneres, Stephanie Krisper, und Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn forderten heute bei einer Pressekonferenz zum Thema "Casino Türkis-Blau: Politik ist kein Glücksspiel" einen Posten- und Korruptions-Untersuchungsausschluss. "Es ist mit Sicherheit kein reiner FPÖ-Skandal, sondern es ist selbstverständlich ein türkis-blauer Skandal", betonte Meinl-Reisinger. Untersuchen wollen die NEOS auch die Verantwortung des früheren und bald wieder Bundeskanzlers Sebastian Kurz. Den nun aus der Politik ausgeschiedenen Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) hält die NEOS-Chefin für ein Bauernopfer. Es könne nicht sein, dass der Finanzminister in einer Regierung, die bekannt für ihre "Message Control" gewesen sei, Personalbesetzungen in Casinos und Nationalbank treffe, ohne dass andere Regierungsmitglieder und der Kanzler davon wussten.  Man werde wegen des U-Ausschusses auf die SPÖ zugehen. Gemeinsam hätten beide Fraktionen die für eine parlamentarische Untersuchung nötigen Abgeordneten.

Es um den Vorwurf, dass hinter der Bestellung Peter Sidlos (FPÖ) zum Casinos-Austria-Finanzchef sei ein parteipolitischer Deal gestanden und man habe Casinos-Mitaktionärin Novomatic im Gegenzug zur Bestellung Sidlos Entgegenkommen bei Glücksspiellizenzen versprochen habe. Alle Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft führte diesbezüglich kürzlich Razzien bei den früheren Finanzministern Hartmut Löger (ÖVP) und Josef Pröll (ÖVP) durch.

Die SPÖ leget sich am Donnerstag zunächst noch nicht fest, ob sie in der "im höchsten Maße besorgniserregenden" Causa Casinos einen Untersuchungsausschuss unterstützen wird. Darüber werde man jetzt mit den anderen Parlamentsfraktionen Gespräche führen, erklärte der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried in einer Aussendung.

Der SPÖ-Abgeordnete Max Lercher sieht die Casinos-Affäre als aktuellen Anlass, auf die Notwendigkeit eines unabhängigen Justizministers hinzuweisen. Angesichts der Ermittlungen in dieser Causa hält er dies für angemessen und hofft, dass die Grünen, die sich ja immer der Aufklärung verschrieben hätten, in ihren Verhandlungen mit der ÖVP auch darauf drängen werden, so Lercher auf APA-Anfrage. Ebenso ist Lercher der Meinung, dass die Rolle von Ex-Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) hinterfragt werden müsse. Immerhin sei dieser zur Zeit der Affäre als Regierungskoordinator tätig gewesen.

In der Casinos-Affäre kommen unterdessen neue Details zu Tage. Der Personalberater Egon Zehnder hat Sidlo vor der Bestellung als Finanzvorstand der Casinos Austria noch negativer beurteilt als bisher bekannt. Ex-Rechnungshofchef Franz Fiedler kritisiert unterdessen das damalige Vorgehen scharf. Dass für eine Postenbesetzung offenbar eine Gesetzesänderung versprochen wurde, sei strafbare Korruption, so Fiedler.

Der Tageszeitung "Die Presse" liegen  Dokumente vor, die zeigen, dass die Beauftragung von Personalberater Zehnder eine "reine Farce" war. Laut "Presse" zeigen die Aussagen von Walter Rothensteiner bei seiner ersten Vernehmung, dass Sidlo eindeutig nicht als qualifizierter Kandidat eingestuft worden war.

Die Ermittler fragten ihn damals, warum der Aufsichtsrat Zehnder betraut hatte: "Damit wir sagen können, dass wir keinen völlig ungeeigneten Kandidaten bestellen. Wir hätten dies auch weglassen können."Überdies sei im Präsidium vereinbart worden, dass Zehnder "die bekannten Kandidaten anschauen, aber keine Auswahl und kein Ranking treffen soll, weil wir das nicht wollten".  Und warum nicht? "Weil wir nicht wollten, dass von vornherein bekannt wird, dass Sidlo nicht als der Bestgeeignete beschrieben wurde, wenn dieser ohnehin bestellt wird", gab Rothensteiner laut "Presse" zu Protokoll.

Sidlo  schrieb, wie der ORF berichtete, am 12. August seinem Freund Gudenus auf Whatsapp Folgendes: "Hallo Joschi, ich habe mit meinen Freunden bezgl. Casinos gesprochen, sie wären bereit und auch fähig, den Deal zu machen. Bitte Meeting für Anfang September koordinieren, gleich mit Hubert (laut WKStA: Fuchs, Anm.)." Die Antwort: "Ok, lass uns bald in Ruhe reden."

"Sidlo ist ein Muss"

Doch dürfte Rothensteiner seinen Unmut über den Kandidaten Sidlo nicht verhehlt haben. Ein Anruf von Ex-Minister Löger am 1. Feburar hatte dann offenbar den Sinn, Rothensteiner auf Spur zu bringen. Sidlo sei ein Muss, habe ihm Löger gesagt. Es gebe "einen Hintergrunddeal mit den Blauen", hält Rothensteiner in einer Aktennotitz fest.

Offensichtlich stützen sich die Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft auf Chatprotokolle und beschlagnahmte Handys, unter anderem von Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache.

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat kürzlich Hausdurchsuchungen wegen des Verdachts von Absprachen betreffend die Bestellung eines Casinos-Vorstandes durchgeführt. Diese fanden unter anderem bei Löger und Ex-Finanzminister Josef Pröll (beide ÖVP) statt.

ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger hatte eigentlich einen Entwurf für die Novellierung des Glücksspielgesetzes in Begutachtung geschickt, mit der das Monopol der Casinos Austria einzementiert worden wäre. Kurz nach Versendung wurde der Entwurf zurückgezogen – aufgrund eines „technischen Versehens“, wie es in einem Bericht der "Presse" im Frühsommer hieß. "Der Gesetzesentwurf ward nicht mehr gesehen", so die "Presse". Dafür soll der freiheitliche Staatssekretär im Finanzministerium, Hubert Fuchs, an einem neuen Online-Gaming-Gesetz getüftelt haben. An einer Online-Gaming-Lizenz wiederum hatte der Novomatic-Konzern massives Interesse.