Sie dürften heute zum dritten Nationalratspräsidenten gewählt werden. Wie wollen Sie ein Amt, das strenge Überparteilichkeit fordert, mit Ihrer Tätigkeit als Parteichef vereinbaren?
Norbert Hofer: Ich hatte dieses Amt ja auch inne, als ich im Präsidentschaftswahlkampf war.

Aber den haben Sie bekanntlich verloren und dabei hätte es sich ebenfalls um ein überparteiliches Amt gehandelt. Und Parteichef waren Sie damals auch nicht.
Ich war in dieser Tätigkeit jedenfalls immer unparteiisch – und vielleicht sogar ein bisschen strenger zu den eigenen Leuten. Ich sehe hier keinerlei Vereinbarkeitsprobleme.

Sollte die FPÖ künftig wieder in der Opposition sein: Werden Sie dann auch einem polternden Herbert Kickl Ordnungsrufe erteilen?
Ich habe dem Herbert schon Ordnungsrufe erteilt. Und das werde ich auch bei jedem anderen machen. Ich bin aber auf das Auftreten von einigen Grünen-Mandataren gespannt. Manche Aussagen von Michel Reimon damals im burgenländischen Landtag waren mehr als deftig.

Am Wahlabend haben Sie erklärt, dass sich die FPÖ auf den Weg in die Opposition vorbereitet. Nun bringen Sie sich doch als Koalitionspartner ins Spiel. Warum?
Aus Demut vor dem Wähler mussten wir dieses Wahlergebnis anerkennen. Ich will aber nicht daran schuld sein, dass Türkis-Grün kommt. Sollten die Verhandlungen scheitern, wird der Parteivorstand die Situation neu bewerten. Verhandlungen mit der SPÖ halte ich derzeit für unwahrscheinlich.

Als jemand, der Kurz als Koalitionspartner kennt: Woran wird es sich mit den Grünen spießen?
Das wird für beide nicht einfach. In den Bereichen Migration, Steuern und Klimaschutz liegen die Positionen auseinander. Das kann nur funktionieren, wenn sich einer von beiden ganz nackt auszieht oder beide am Ende halb nackt dastehen.

Hoffen Sie schlicht darauf, dass Kurz’ Verzweiflung bald so groß ist, dass er doch auf Sie zukommt?
Nein. Ich sehe das Wahlergebnis als Chance, uns zu erneuern. Und das machen wir jetzt.

Können Sie Kurz garantieren, dass künftig keine FPÖ-Skandale wie Ibiza und Co. mehr auftauchen werden? Und eine Koalition dieses Mal halten könnte?
Ich könnte ebenso fragen, ob Kurz das versprechen könnte.
Sie hätten hier doch schon eine deutlich höhere Bringschuld.
Das sehe ich nicht so, denn die Konsequenzen wurden gezogen, Strache ist zurückgetreten. Man hätte die Koalition also durchaus fortsetzen können.

Können Sie dem Wähler versprechen, dass es keine weiteren Skandale gibt?
Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich habe mir, als ich diese Partei übernommen habe, alle Belege angesehen und setze künftig auf mehr Transparenz. Denn ich möchte eines nicht: dass die FPÖ eine Skandalpartei ist. Und dafür werde ich sorgen.

Apropos Transparenz: Wie kann es sein, dass Sie als Chefstratege und Parteichef nichts vom Spesenkonto Straches gewusst haben, während sich in Wien kaum ein Funktionär darüber gewundert hat? Sein „exzessive Lebensstil“ sei bekannt gewesen.
Ich habe es dennoch nicht gewusst. Man muss aber zwischen Spesen und angeblich falschen Rechnungen unterscheiden. Politiker haben Ausgaben.

Sollte sich das mit den falschen Rechnungen nicht belegen lassen: Könnte Strache je wieder eine Funktion in der FPÖ ausüben?
Nein, das Thema ist abgehakt.

Halten Sie ihn für einen rachsüchtigen Menschen?
Das soll man beurteilen, wenn man sich seine Facebook-Postings anschaut. Ich glaube, dass er sich als Opfer sieht und die Schuld woanders sucht.

Seine Frau wird ihr Mandat annehmen. Was sagen Sie ihr heute im Parlament, außer „Grüß Gott“?
Das nehmen wir zur Kenntnis, es wird sich auch nicht auf unsere Arbeit auswirken. Zum anderen werde ich nicht „Grüß Gott“, sondern „Grüß dich“ sagen. Mehr aber auch nicht. Wir sind ja nicht im Kindergarten.

Nach der Wahlschlappe haben Sie eine Neuausrichtung der Partei verkündet, zwei Reformgruppen wurden eingerichtet. Welche Vorschläge wurden geliefert?
Die Compliance Gruppe erarbeitet die strengsten Transparenzregeln, die je eine Partei hatte, und auch die Reformgruppe ist fleißig. Das wird toll.

Weniger konkret kann eine Antwort kaum sein.
Gut, ein paar Dinge kann ich dazu schon sagen. Die Inhalte der FPÖ bleiben dieselben, aber wir wollen auch dort mehr in die Tiefe gehen. Aber vor allem auch Themen angehen, die bisher weniger von uns besetzt wurden. Denn es gibt keine per se linken und rechten Themen, nur unterschiedliche Lösungsansätze.

Der Chef der Reformgruppe, Andreas Rabl, hat in der Kleinen Zeitung angekündigt, dass man sich um vernachlässigte Themen und Wähler kümmern will: Klima, Frauen, Akademiker. Was hat die FPÖ hier bisher falsch gemacht?
Hier waren wir bisher vielleicht nicht genug in der Tiefe. Wir müssen auch in diesen Bereichen Lösungsansätze liefern. Klimaschutz ist nur ein Punkt, bei dem ich sage: Das soll man nicht den Linken überlassen. Und es braucht einen neuen Außenauftritt: Wir wollen eine moderne Rechtspartei sein.

Wann kann man hier mit konkreteren Aussagen rechnen?
Details werden wir im Dezember bei unserer Vorstandsklausur in Leoben klären. Ich kann das meiner Partei ja schlecht über die Medien ausrichten.