Die Landtagswahl in Vorarlberg vom Sonntag hat laut der ersten Hochrechnung von SORA/ORF einen FPÖ-Absturz und den Grünen Platz zwei gebracht. In dem schwarz-grün regierten Land legten ÖVP und Grüne, aber auch SPÖ und NEOS leicht zu. Mit 43,8 Prozent hält die ÖVP zwar klar Platz 1, verpasst aber deutlich die Absolute. Für die FPÖ setzt es ein Minus von 7,4 Prozentpunkten auf nun 16,1 Prozent.

Mit dem vorläufigen Endergebnis, das in Vorarlberg auch schon etwa 90 Prozent der Briefwahlstimmen enthält, wurde zwischen 16.30 Uhr und 17.00 Uhr gerechnet.

Der erste Teil des Wahltages ist für die Spitzenkandidaten in Vorarlberg geschlagen. Ihre eigene Stimmabgabe haben Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), Landesrat Johannes Rauch (Grüne), Christof Bitschi von der FPÖ und NEOS-Listenerste Sabine Scheffknecht am Vormittag in ihren Heimatorten hinter sich gebracht. SP-Spitzenkandidat Martin Staudinger hat per Briefwahl abgestimmt.

Die ersten Wahllokale haben bereits um 10:30 Uhr geschlossen und melden ihre Ergebnisse bereits kurz nach 11.00 Uhr an die Landeswahlbehörde. Veröffentlicht werden dürfen diese aber - wie alle anderen Ergebnisse auch - erst ab 13.00 Uhr, wenn landesweit die letzten Wahllokale schließen. In 19 der 96 Vorarlberger Kommunen, darunter vier Städte und drei Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern, kann bis 13.00 Uhr gewählt werden.

"Guter Dinge" zeigte sich bei seiner Stimmabgabe Landeshauptmann Wallner, ist doch zu erwarten, dass die ÖVP nach Verlusten von vor fünf Jahren wieder zulegt. Er wurde wie üblich von Ehefrau Sonja begleitet, die beiden Töchter des Paars hatten per Briefwahl abgestimmt, der Sohn des Paars ist noch nicht wahlberechtigt. Die Wallners wollten nach dem Besuch im Frastanzer Wahllokal noch ein wenig Luft schnappen, ehe die Fahrt Richtung Bregenz auf dem Programm stand.

Am Sonntag am Eiligsten hatte es Rauch, was angesichts des Traumwetters im ganzen Land wenig wundert. Schon um 8 Uhr schritt er in Rankweil zur Urne, um sich im Anschluss einer Radtour zu widmen. Am frühen Nachmittag wird er ebenso wie die anderen Spitzenkandidaten im Landhaus eintreffen, trudeln doch schon zu Wahlschluss 13 Uhr erste Ergebnisse ein und wird wenig danach schon eine Hochrechnung erwartet.

Stimmungslage bei der Stimmabgabe

Schwierig ist der Wahlkampf für die FPÖ nach Ibiza- und Spesenaffäre sowie dem darauf folgenden Dämpfer bei der Nationalratswahl. Wohl nicht nur deshalb besuchte Spitzenkandidat Bitschi, der neben Staudinger als einziger der chancenreichen Kandidaten erstmals an der Spitze einer Landtagswahlliste steht, am Vormittag den Gottesdienst in Brand. Zur Wahl hatte er seine Familie mitgebracht.

Volles Programm gab es für NEOS-Spitzenkandidatin Sabine Scheffknecht, findet in ihrer Wohngemeinde Lustenau doch am Sonntag nicht nur die Wahl sondern auch Vorarlbergs größtes Volksfest, die Kilbi statt. Nach der Stimmabgabe, bei der sie sich von einem "großen Erfolg" der NEOS überzeugt gezeigt hatte, besuchte sie dann auch den Rummel in Österreichs größter Marktgemeinde und ließ sich auch eine Fahrt mit dem Karussell nicht entgehen.

Offenbar keine größere Lust auf Treffen mit Fotografen und Kamerateams am Wahlvormittag hatte SP-Kandidat Staudinger, der mit seiner Partei um die Rückkehr gegen die Zweistelligkeit bzw. gegen den Verlust des Klubstatus kämpft. Er hat schon am Montag seinen Stimmzettel in den Briefkasten geworfen.

270.536 Personen wahlberechtigt,

Bei der Vorarlberger Landtagswahl sind 270.536 Personen wahlberechtigt, mit einem Wähler-Anteil von 51,14 Prozent sind die Frauen in der Mehrheit. 503 der Wahlberechtigten leben im Ausland. Im Vergleich zur Landtagswahl 2014 mit 267.104 Wahlberechtigten dürfen heuer 3.432 Personen (1,28 Prozent) mehr ihre Stimme abgeben.

Die meisten Wahlberechtigten gibt es im Bezirk Bregenz (90.911), gefolgt von den Bezirken Feldkirch (74.855), Dornbirn (59.890) und schließlich Bludenz (44.880). In den Bezirks-, Gemeinde- und Sprengelwahlbehörden werden etwa 2.500 Personen tätig sein, dazu kommen zahlreiche Helfer.

Erste Wahllokale schließen um 10:30 Uhr

Um 7.00 Uhr läuft die Wahl langsam an, ab 8.00 Uhr ist sie in vollem Gang. Den frühesten Wahlschluss haben die Kleingemeinden Schröcken (Bregenzerwald, 149 Wahlberechtigte) und Stallehr (Bez. Bludenz, 199 Wahlberechtigte) um 10:30 Uhr. In Dünserberg (Bez. Feldkirch, 106 Wahlberechtigte) hält das Wahllokal bis 11.00 Uhr offen, sperrt aber erst um 9.00 Uhr auf. Die Zeit der Stimmabgabe ist in Dünserberg damit auf zwei Stunden limitiert, in keiner anderen Gemeinde ist die Wahlzeit so kurz. In 19 der 96 Kommunen, darunter vier Städte und drei Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern, kann bis 13.00 Uhr gewählt werden.

Um 13.00 Uhr werden die Ergebnisse in etlichen kleinen Ortschaften bereits vorliegen und dürfen dann auch schon veröffentlicht werden. Üblicherweise sind dann die Stimmen in knapp einem Drittel der 96 Gemeinden (mit etwa fünf Prozent der Wahlberechtigten) ausgezählt. Das Vorarlberger Wahlergebnis steht in der Regel am Sonntag zwischen 16.00 und 17.00 Uhr fest - und enthält bereits den größten Teil der Briefwahl. Der Rest (etwa zehn Prozent) und die in fremden Wahlkreisen abgegebenen Wahlkarten werden am Dienstag nach der Wahl ausgezählt.

Wahlkampf, kurz und unauffällig

Die Landtagswahl steht dieses Mal unter besonderen Vorzeichen - sollte doch ursprünglich nicht der 13. Oktober, sondern der 22. September Wahltag sein. Doch dann machte die "Ibiza-Affäre" samt geplatzter Bundesregierung allen Vorarlberger Plänen einen Strich durch die Rechnung. Der Wahlkampf fiel aufgrund der zeitlichen Nähe zur Nationalratswahl kurz und unauffällig aus.

Inhaltlich fokussierten sich die Parteien im Wahlkampf - mit Ausnahme der ÖVP - auf wenige Kernthemen. Die FPÖ versuchte mit den Schlagwörtern Sicherheit und Gerechtigkeit zu punkten, während die Grünen sich als Experten für Klimaschutz und Sozialpolitik präsentierten. Für die Sozialdemokraten standen Gesundheit und Pflege im Vordergrund. Die NEOS wiederum stellten "Bildung über alles" und forderten Transparenz in der Politik. Die Volkspartei ihrerseits stellte ihr Programm unter den Titel "Weil's um Vorarlberg geht" und war stets mit jenem Inhalt zur Stelle, der gerade gefragt war. Ganz klar wurden bei allen Wahlwerbern die Spitzenkandidaten - neben Markus Wallner (ÖVP) und Christof Bitschi (FPÖ) auch Johannes Rauch (Grüne), Martin Staudinger (SPÖ) und Sabine Scheffknecht (NEOS) - in den Mittelpunkt gestellt.

NEOS-Landessprecherin Sabine Scheffknecht, SPÖ-Chef Martin Staudinger, FPÖ-Chef Christof Bitschi, Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), Grünen Chef Johannes Rauch
NEOS-Landessprecherin Sabine Scheffknecht, SPÖ-Chef Martin Staudinger, FPÖ-Chef Christof Bitschi, Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), Grünen Chef Johannes Rauch © APA/Dietmar Mathis

Werben um Regierungsbeteiligung

Ob sie wollten oder nicht, konnten die Vorarlberger Parteien auch nicht so tun, als ob der Ausgang der Nationalratswahl keinen Einfluss auf die Landtagswahl haben würde. Die Wahlsieger auf Bundesebene - ÖVP, Grüne, NEOS - wurden nicht müde zu betonen, dass in Vorarlberg noch gar nichts erreicht sei. In Sicherheit wähnen wollte sich niemand, und schon gar nicht die Mobilisierung ihrer - vielleicht schon wahlmüden - Wähler verschlafen. FPÖ und SPÖ hingegen hofften gegenüber der Nationalratswahl auf Besserung. Speziell die FPÖ, die einen Parteiausschluss von Ex-Bundesparteichef-Chef Heinz Christian Strache verlangte, versuchte auf den Unterschied zwischen Bundes- und Landespartei hinzuweisen. "Die Leute unterscheiden sehr genau", hieß es unisono, und doch schienen sich die Spitzen aller Parteien dessen nicht ganz sicher zu sein.

Von allem Anfang an stand für alle Parteichefs außer Frage, dass die ÖVP die Landtagswahl in Vorarlberg klar gewinnen wird - was angesichts der Dominanz der Partei in den vergangenen Jahrzehnten wenig überraschte. Auffallend war hingegen das Werben aller anderen Parteien um eine Regierungsbeteiligung. Rauch stellte fest, dass man bewiesen habe, regieren zu können und wollte die Koalition mit der ÖVP fortsetzen. Staudinger gestand der eigenen Partei in Sachen Gesundheit und Pflege mehr Expertise zu als der ÖVP, weshalb man die SPÖ in der Regierung gut gebrauchen könne. Am Ende des Wahlkampfs wurden diese Töne freilich leiser. Scheffknecht formulierte Interesse, wusste ihre Chancen - die Möglichkeit besteht, dürfte jedoch nicht sehr groß sein - aber realistischer einzuschätzen als Staudinger. Selbst Bitschi wurde nicht müde zu betonen, dass er als Koalitionspartner bereit stehe, obwohl Wallner diese Option längst ausgeschlossen hatte. Wallner wird sich, auch darüber besteht Einigkeit, seinen Partner aussuchen können.

ÖVP seit 1945 immer klar an der Spitze

Vorarlberg ist tiefschwarz: Die ÖVP war seit 1945 immer klar Erste, lange mit absoluter Mehrheit, und stellte alle Landeshauptleute. Die SPÖ ist dort schwach wie sonst nirgends in Österreich: Mit 8,77 Prozent erlitt sie bei der Landtagswahl 2014 ihr bisher einziges einstelliges Ergebnis aller Landes- und Bundeswahlen. Die FPÖ schwankte stark - und die Grünen sind aktuell stark wie sonst nirgends.

17,14 Prozent im Jahr 2014 waren österreichweit das zweitbeste Landtagsergebnis der Grünen - nach den 2018 wieder geschmälerten 20,18 Prozent in Salzburg 2013. In Vorarlberg war es ihr Topwert aller Wahlen seit dem Landtagseinzug 1984.

Umgekehrt musste die SPÖ 2014 den Absturz unter die - 2009 noch knapp gehaltene - 10er-Marke verschmerzen. Für sie war in Vorarlberg nie viel zu holen, das beste Ergebnis waren 29,54 Prozent im Jahr 1964.

Den schlechtesten Wert der Zweiten Republik musste 2014 auch die ÖVP hinnehmen. Der lag allerdings immer noch bei 41,79 Prozent. Erst zum zweiten Mal - nach 1999 - hat die ÖVP seither keine absolute Mehrheit mehr im Landtag. Die 70,22 Prozent des Jahres 1945 waren jedoch ein Ausreißer - üblicherweise lag die ÖVP immer zwischen 50 und 60 Prozent.

Prinzipiell immer schon stark war in Vorarlberg die FPÖ: Sie kletterte mehrfach auf über 20 Prozent, um dann aber immer wieder einmal abzustürzen. Allerdings nie unter 10,49 Prozent (1984). Die größte Zustimmung gab es 1999 mit 27,41 Prozent. Die FPÖ ist die Partei mit den größten Schwankungen im Lande: 2004 brach sie um 14,47 Prozentpunkte ein, 2009 legte sie um 12,18 zu.

Äußerst beständig waren hingegen die Landeshauptleute in Vorarlberg. Sie alle hielten sich lange im Amt - und so gab es bisher erst fünf, allesamt von der ÖVP. Am längsten im Amt hielt sich Herbert Keßler - für fast 23 Jahre von Oktober 1964 bis Juli 1987. Markus Wallner (ÖVP) wird die rote Laterne erst in der nächsten Periode los: Denn er bringt es (seit Dezember 2011) erst auf fast acht Jahre. Und der bisher kürzest dienende Landeshauptmann war Martin Purtscher mit knapp zehn Jahren.