Die zweistündige Autofahrt von Wels nach Wien wird Andreas Rabl in den kommenden Wochen wohl öfter antreten müssen. Denn der freiheitliche Bürgermeister von Wels ist Chef der neuen Reformgruppe, die Parteichef Norbert Hofer nach dem desaströsen Ergebnis bei der Nationalratswahl ins Leben gerufen hatte. „Es gibt bereits einen gemeinsam ausgearbeiteten Arbeitsauftrag, der besagt, dass wir uns eine neue Vision für diese Partei überlegen“, erzählt Rabl. „Und das tun wir, indem wir hinterfragen, was uns in unserer aktuellen Themenpalette fehlt und ob wir irgendwo blinde Flecken haben.“

Die ersten „blinden Flecken“ hat Rabl bereits identifiziert – sie liegen in den Bereichen Klimaschutz, Frauenpolitik und in der Ansprache von Akademikern und Maturanten. Und damit in Bereichen, die aktuell wohl nur die wenigsten mit den Freiheitlichen assoziieren würden. „Der Klimawandel ist einerseits in der Mitte der Gesellschaft angekommen und andererseits besteht hier tatsächlich Handlungsbedarf“, sagt Rabl. „Und daher können wir dieses Thema schlicht nicht ausklammern.“

Klimaschutz: "Wir werden nicht die neuen rechten Grünen"

Der Klimaschutz werde zwar „kein FPÖ-Kernthema“ werden, „trotzdem brauchen wir hier Antworten. Das heißt aber sicher nicht, dass wir die neuen rechten Grünen werden“. Rabl habe hier eher eine „Klimapolitik mit Hausverstand“ im Sinn, unter anderem in Form eines massiven Ausbaus des öffentlichen Nahverkehrs und einer Schaffung von Grünraum in den Städten. Den Vorschlag einer CO2-Steuer werde die FPÖ jedoch weiterhin ablehnen, bekräftigt Rabl.

„Blinde Flecken“ sieht der Welser Bürgermeister auch bei der Demografie der FPÖ-Wähler. „Wir wissen, dass wir einen sehr hohen Wähleranteil bei Fachkräften und Arbeitern haben, aber Nachholbedarf bei Frauen, Maturanten und Akademikern.“ Hier gelte es nun, sich anzuschauen, was man diesen Wählergruppen anbieten könnte, um sie zu FPÖ-Wählern zu machen. In den 80er Jahren hatte die Partei laut Rabl noch einige Akademiker in ihren eigenen Reihen. Im Laufe der Jahre seien diese der FPÖ jedoch verloren gegangen. „Weil wir als Partei zu wenig in den Diskurs eingetreten sind und zu wenig tief greifende Argumente und Problemlösungen geliefert haben“.

Gerade für Akademiker seien Zukunftsthemen wie die Individualisierung des Einzelnen und neue Arbeitsformen zentral. „Hier geht es um die Freiheit der Wahl – und eben diese Freiheit ist für uns Freiheitliche ja eigentlich zentral“.

"Frauen vernachlässigt"

Rabl will auch „einen Fehler“ der Vergangenheit rückgängig machen – „dass wir die große Wählergruppe der Frauen thematisch und personell vernachlässigt haben“. Hier müsse nun Ursachenforschung betrieben werden, sagt Rabl. „Aber ich denke, dass ein Grund dafür sein könnte, dass unsere Kernthemen wie Asyl und Sicherheit Männer eher ansprechen als Frauen.“ An Kernthemen wie diesen wolle die Partei aber weiterhin festhalten.

Auch der Außenauftritt der Partei müsse neu gedacht werden – „nur ein neues Logo allein wird da nicht reichen“, sagt Rabl. In den Bereichen Kampagnen, Neue Medien und Wähleransprache will man Neues wagen. „Und wir müssen in diesem Reformprozess auch festhalten, was wir nicht seinen wollen – und das beinhaltet aus meiner Sicht auch eine Abgrenzung zum Rechtsextremismus.“

Erste konkrete Vorschläge will die Reformgruppe bereits im Dezember vorlegen. „Ich glaube, dass wir mit unseren Reformvorschlägen große Teile der Partei überzeugen können werden“, erklärt Rabl. „Weil sie ja auch notwendig sind.“