In eine Wiener Innenstadt-Vinothek, in der FPÖ-Funktionäre abends gerne ein Gläschen heben, hatte Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache die Medien an diesem Vormittag bestellt. Pünktlich nimmt der gefallene Held der Freiheitlichen vor dem mit Mikrofonen vollgestellten Tisch Platz – und beendet zehn Minuten später seine 15-jährige politische Karriere.

Für die „massiven Verleumdungen“, die gegen ihn „aus feiger Verborgenheit heraus“ erhoben worden seien, habe er mit seinem Rücktritt bereits „den höchstmöglichen Preis“ bezahlt. Um eine Spaltung „meiner freiheitlichen Familie“ zu verhindern, werde er sich nun ganz aus dem „politischen und öffentlichen Leben“ zurückziehen. Seine Parteimitgliedschaft werde er „ruhend stellen“, um eine „Zerreißprobe der Partei um jeden Preis“ zu verhindern. Diesen Schritt setze er aber auch, um seine Familie und seine Frau zu schützen, „denn ich möchte sie keine Sekunde länger leiden sehen“. Fragen lässt Strache keine zu, seiner Partei wünscht er „gute Beratungen“.

Strache suspendiert - mit sofortiger Wirkung

Zu ebendiesen Beratungen treffen sich Präsidium und Vorstand nur eine Stunde später. In einem Hotel, unweit des Weinlokals, wird sieben Stunden lang hinter verschlossenen Türen über die Zukunft der Partei debattiert – und über die Frage, welche Rolle ihr ehemaliger Chef darin noch spielen soll. Als sich die Türen des Sitzungssaales am Ende des Hotelganges öffnen, verkündet Parteichef Norbert Hofer die Suspendierung seines Vorgängers. Mit sofortiger Wirkung.

Diese Entscheidung sei einstimmig im Bundesparteivorstand getroffen worden, erklärt Hofer. Damit sei man schlicht Straches Wunsch nachgekommen, denn eine „Ruhendstellung“ der Mitgliedschaft sei in den Statuten der Freiheitlichen nicht vorgesehen. Mitgeteilt habe man die Suspendierung dem Betroffenen aber nicht, sagt Hofer. Er habe mit Strache „das letzte Mal vor zwei Wochen“ gesprochen.

Suspendierung auf Zeit?

Nun sei laut Hofer die Staatsanwaltschaft Wien am Zug, um zu prüfen, ob Strache bei seiner Partei wirklich jahrelang private Rechnungen eingereicht hat. Sollten sich die erhobenen Vorwürfe erhärten, sei auch ein Parteiausschluss möglich. Sollten sie sich jedoch in Luft auflösen, könnte die Suspendierung wieder aufgehoben werden.

Die Befürchtung vieler Wiener Funktionäre, Strache könnte bei der Wien-Wahl im kommenden Jahr mit einer eigenen Liste antreten, scheint sich mit seiner Ankündigung erledigt zu haben. So ganz glauben wollen ihm das jedoch nicht alle. „Wer weiß, was der in einem halben Jahr macht“, sagt einer von ihnen nach der Sitzung.

Straches Ehefrau bleibt Problem

Wie es mit Straches Ehefrau Philippa weitergeht, lässt Hofer bei seinem Statement an diesem Abend hingegen offen. Die Wiener Landesgruppe werde sich dazu am Donnerstag beraten, wenn das Endergebnis und damit die Zahl der zur Verfügung stehenden Mandate feststeht. Aktuell stehen der FPÖ in Wien zwei zu, Philippa hatte auf Platz drei kandidiert. Sollte Harald Stefan sein zweites Mandat beanspruchen und nicht, wie geplant, seinen Sitz im Regionalwahlkreis wahrnehmen, dann wäre Strache draußen – und das Problem für die FPÖ gelöst.

Strache selbst scheint fix mit einem Mandat für seine Frau zu rechnen. Auf seiner privaten Facebook-Seite sprach er bereits am Dienstagabend von einem "klaren Wählerauftrag und Wählerwunsch" und machte deutlich: die Zukunft seiner Frau sieht er in der freiheitlichen Fraktion. "Mit Philippa kommt eine junge, engagierte und starke Frau, welche sich in Zukunft im FPÖ-Parlamentsklub verstärkt für Familien, Frauen und den wichtigen Tierschutz einsetzen wird", schreibt er.

Neben der Causa Strache hatten sich die Gremien in ihrer Marathonsitzung jedoch auch mit der Neuausrichtung der Partei beschäftigt, die am Wahlabend nach dem desaströsen Ergebnis der Freiheitlichen verkündet worden war. Die FPÖ werde „die strengsten Compliance-Regeln von allen Parteien“ einsetzen, sagt Hofer in die auf ihn gerichteten Kameras. Diese Richtlinien für Transparenz und Finanzen sollen von „sehr schwergewichtigen Personen aus der Wirtschaft“ erarbeitet werden. Ein neuer Weisenrat soll zudem über künftige Parteiausschlüsse entscheiden. Eine dritte Gruppe werde sich um einen neuen, moderneren Auftritt der Partei kümmern, sagt Hofer. Die Leitung der Gruppe sollen der Welser Bürgermeister Andreas Rabl und Salzburgs Landesparteichefin Marlene Svazek übernehmen.

Keine Trauer über Trennung

Neben einer Klausur im Dezember verkündet Parteichef Hofer an diesem Abend auch, dass ihn die Partei als Dritten Nationalratspräsidenten vorgeschlagen hat. Ex-Innenminister Herbert Kickl soll Klubchef werden. Nach der Sitzung geben sich die FPÖ-Granden wortkarg und verschwinden in ihre Autos. Von der Trennung von Ex-Chef Strache zeigt sich niemand mitgenommen.