Trotzig und optimistisch haben sich die beiden Listenersten der Freiheitlichen, Parteichef Norbert Hofer und Herbert Kickl, bei der Wahlparty in der "Prater Alm" gegeben. Es werde für den Wahlgewinner, ÖVP-Chef Sebastian Kurz, enorm schwer, alle versprechen aus dem Wahlkampf einzulösen - etwa in einer Koalition mit den Grünen oder SPÖ: "Das wird eine Challenge."

"Es war ein unfassbar schwieriger Wahlkampf", resümierte ein sichtlich auch krankheitsbedingt angeschlagener Hofer. "Wir haben alle einen Rucksack zu tragen gehabt und jeden Tag ist ein weiterer Stein in den Rucksack hineingelegt worden." Hofer will aber auch "alles tun, damit wir aus dieser FPÖ die Partei machen, die wieder ganz vorne mit dabei ist". Und: "Ab heute gemma's an!"

"Ihr könnt alle nichts dafür. Es gibt ein paar Dinge, die kommen von außen auf einen zu", sagte Kickl zu den Funktionären und Mitstreitern, die sich trotz des Debakels betont in Feierlaune zeigten. "Es war übermenschlich, was du geleistet hast", meinte er zu Hofer - "und der Kampf hat erst begonnen". Auch Kickl bezweifelte, dass Kurz alle seine versprechen einlösen kann. Seine eigene Partei sieht er "bei 16 Prozent stabilisiert".

"Ende gut, alles gut"

"Ende gut, alles gut - und wenn nicht alles gut ist, dann ist nicht das Ende", meinte Kickl schließlich zu seinen Mitstreitern. Ihre zweitgrößte Wahlschlappe nach 2002 ("Knittelfeld") muss die FPÖ mit ihrem neuen Parteichef Norbert Hofer bei der Nationalratswahl heute, Sonntag, einstecken. Ibizagate und dann noch die kurz vor der Wahl bekannt gewordene Spesenaffäre rund um Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache bescheren ihr laut Hochrechnung mit einem zweistelliges Minus ein Ergebnis, das schwächer ist als das erste mit Strache 2008.

Wie es nach der Schlappe weitergehen soll, dafür haben die Freiheitlichen schon konkrete Pläne: Demnach dürfte Norbert Hofer vorerst Parteichef bleiben und die Rolle des Dritten Nationalratspräsidenten übernehmen, so ein Parteiinsider zur APA. Herbert Kickl bleibt demnach Klubchef und könnte Hofers Parteivorsitz übernehmen, wenn dieser ein weiteres Mal für die Bundespräsidentschaft kandidiert.

Wie ernst es der Partei mit dem Rückzug ihres ehemaligen Vorsitzenden Heinz-Christian Strache ist, zeigt auch, dass es sogar noch Sonntagvormittag Überredungsversuche gab, dass dieser seine Parteimitgliedschaft ruhend stellt. Strache soll allerdings weiter auf stur stellen. Ob Straches Frau Philippa ihr Mandat auf der Wiener Landesliste überhaupt bekommt, war laut "Kurrier" ebenfalls fraglich.

In der FPÖ mehren sich die Stimmen, die die Partei angesichts des schwachen Ergebnisses der Nationalratswahl künftig in der Opposition sehen. Auch der Wiener Landesparteiobmann Dominik Nepp zählt dazu: "Ich sehe diese 16 Prozent jetzt nicht als Regierungsauftrag", sagte er mit Verweis auf die Hochrechnungen am Sonntagabend der APA.

"Ich sehe die FPÖ in der Opposition", unterstrich Nepp klar. Und ebenso wie Generalsekretär Harald Vilimsky plädierte er für einen "Neustart" der Partei - konkret in organisatorischer und struktureller Hinsicht. Als Beispiel nannte er "interne Compliance-Regeln". Inhaltlich müsse die Partei hingegen ihren bisherigen Themen wie Sicherheit oder der politische Islam treu bleiben.

Das schwache Resultat sei für ihn, Nepp, "enttäuschend, aber nicht gerade überraschend". Aus seiner Sicht habe die "Ibiza-Causa" das Ergebnis beeinflusst. Die Partei habe das Vertrauen der Wähler verloren. Er forderte in diesem Zusammenhang einmal mehr die Aufklärung der Vorkommnisse. Man müsse "ganz genau schauen, was da dran ist".

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky will angesichts der ersten Hochrechnungen einen Neustart für seine Partei. Man müsse "neue Gesichter in verantwortungsvolle Rollen holen" , sagte er am Sonntag in einer ersten Reaktion. Zudem müsse man nun eine  "Wählerrückholaktion" starten, die sicher nicht wieder zehn Jahre dauern werde. Bei der kommenden Koalition sei ÖVP-Chef Sebastian Kurz am Zug.

"Es enttäuscht mich auf der einen Seite", kommentierte Vilimsky die Verluste für die Freiheitlichen. Allerdings zeige es auch, dass die "rot-weiß-rote Wählerburg uneinnehmbar" sei. Parteichef Norbert Hofer und der geschäftsführende Klubobmann Herbert Kickl hätten sich als Doppelspitze "hervorragend bewährt".

Das voraussichtliche Wahlergebnis zeige aber auch, "dass wir einen Neustart machen müssen", so Vilimsky. Ebenso kommunikativ wie auch im Controlling der Partei. Man müsse die Partei reformieren und sei "Opfer eines ordentlichen Gewitters" geworden. Und: Trotz massiver Angriffe gebe es, das "17 Prozent rot-weiß-rote-Wählergebäude. Und das hält."

Mehr Reaktionen

Für einen "Neustart" der FPÖ hat sich am frühen Sonntagabend auch Udo Landbauer, der Landesobmann der niederösterreichischen Freiheitlichen ausgesprochen. Die Wähler hätten der Partei "die gelbe Karte gezeigt".

Das Ergebnis der Nationalratswahl sei angesichts der Vorfälle in den vergangenen Wochen "keine Überraschung", führte Landbauer in einer Aussendung weiter aus. Es handle sich um ein "klares Warnsignal der Wähler". Nachsatz: "Es gibt nichts schönzureden."

"Katastrophales Ergebnis"

Der Chef der Tiroler FPÖ, Markus Abwerzger, hat sich nach der ersten Hochrechnung der Nationalratswahl klar dafür ausgesprochen, in Opposition zu gehen. Das Ergebnis zeige einen "klaren Wählerwillen", sagte Abwerzger im Gespräch mit der APA. Parteichef Norbert Hofer sitze fest im Sattel, eine Debatte müsse man dagegen über den ehemaligen Obmann, Heinz-Christian Strache, führen, sagte er.

Für einen Parteiausschluss Straches wollte sich Abwerzger aber noch nicht aussprechen, sondern erst die Parteigremien am Dienstag zusammenkommen lassen. Die derzeitige Doppelspitze, bestehend aus Norbert Hofer und Herbert Kickl, halte er dagegen für richtig, "sonst wäre das Ergebnis noch schlechter ausgefallen", meinte der Tiroler FPÖ-Chef.

Absage an die Koalition

Vilimsky sieht die Zukunft der FPÖ angesichts des schwachen Wahlergebnisses in der Opposition. "Aus meiner Sicht ist das kein klarer Auftrag, die Koalition fortzusetzen", sagte Vilimsky im ORF. Dafür habe der Wähler die FPÖ zu wenig gestärkt. Auch der langjährige FP-Politiker Andreas Mölzer empfahl der Partei den Gang in die Opposition. 

Hinter verschlossenen Türen

Bis zu Vilimskys Auftritt waren die prominentesten Vertreter, die sich vor die Kameras trauten, die beiden Bundesgeschäftsführer Joachim Stampfer und Hans Weixelbaum. Hinter verschlossenen Türen waren neben den beiden Listenersten, Parteichef Norbert Hofer und Herbert Kickl, etwa Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp.

Das Feiern wollen sich die Blauen trotz des desaströsen Ergebnisses nicht verbieten lassen. Die Wahlparty Sonntagabend in der "Prater Alm" sollte dennoch stattfinden. Dort wird auch - zu späterer Stunde - die Parteispitze erwartet.

Viele Journalisten, kaum Funktionäre

Vor den ersten Hochrechnungen rüsten die Parteien und bereiten alles für die Wahlpartys vor. Im FPÖ-Medienzentrum in der Doblhoffgasse in Wien soll es hier bis 17 Uhr sehr eng werden, wie unsere Kollegin vor Ort berichtet. Angeblich haben sich sehr viele Journalistinnen und Journalisten akkreditiert. Abwesend war die internationale Presse - was aber nicht auf Desinteresse zurückzuführen war: Aus Platzgründen waren nur österreichische Journalisten zugelassen. 

Ein erster Eindruck: Bereits 40 Wahlberichterstatter sind schon eingetroffen. Funktionär sei noch keiner in Sicht. Laut FPÖ soll sich im Laufe des Abends auch nur FPÖ-Generalsekretör Harald Vilimsky in die Journalistenhöhle wagen, um die Hochrechnungen zu verfolgen. Auch von FPÖ-Fans fehlt noch jede Spur. Erster Eindruck: "Die würden hier aber auch nicht mehr hereinpassen."