Seitdem Ex-Kanzler Sebastian Kurz am 18. Mai den Entschluss einer Neuwahl offiziell verkündet hat, wird um Wählerstimmen geworben. Etwas mehr als vier Monate später begingen die meisten Parteien am heutigen Freitag nun ihren Wahlkampfabschluss.

Am Nachmittag bliesen NEOS, FPÖ und SPÖ noch einmal zum Angriff. Die FPÖ fand sich wie üblich kurz vor der Wahl am Viktor-Adler-Markt ein. Beim Wahlkampfabschluss der Blauen hielten unter anderem Spitzenkandidat Norbert Hofer, Klubobmann Herbert Kickl und der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp Reden.

„Die, die jetzt versuchen, uns abzuschießen, werden am Sonntag ihr blaues Wunder erleben“, erklärte Kickl. Dann werde man „die Sozialisten von Platz zwei verräumen“. Dann lässt er seine Zeit als Innenminister Revue passieren. „Sebastian Kurz hat mich einmal einen Bulldozer genannt – der war offenbar noch nie auf einer Baustelle.“ Großer Applaus im Publikum. „Mich nimmt niemand an die kurze Leine.“

Hofer war indes gesundheitlich sichtlich angeschlagen, "die letzten Tage waren nicht einfach für mich". Er lieferte eine Regierungsbilanz und erklärte es sich zum Ziel, "die gute Arbeit fortzusetzen". Den Spesenskandal sprach nur Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp an.  Dabei handle es sich um eine „Schmutzkübelkampagne“ und jetzt versuche man auch noch, „einen aus Sicherheitsgründen erbauten Zaun zu skandalisieren“. Den meisten Applaus erntet Nepp aber mit einem anderen Satz: „Was ist schlimmer: 01, Grad mehr im Sommer oder ein Bauchstich von einem Asylanten?“ 

"Du bist unsere neue Zeit"

SPÖ-Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner hat ihre Anhänger am Freitag bei der Schlusskundgebung des SPÖ-Wahlkampfs auf die "letzten 48 Stunden vor der Wahl" eingeschworen. "Wir können diese schwarz-blaue Koalition beenden", sagte sie hoffnungsfroh. Erneut stellte die SPÖ-Chefin die Menschlichkeit und das Miteinander in den Vordergrund, denn ein "gemeinsames Wir" sei besser als "Ich, Ich, Ich".  Zu Beginn der Veranstaltung, bei der vor allem der offizielle Wahlkampfsong Partystimmung verbreitete, schwelgte die SPÖ in der Vergangenheit. Der ehemalige SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky wandte sich in einer Rede, in der er auch die Erfolge von SPÖ-Legende Bruno Kreisky hervorkehrte, gegen soziale Ungerechtigkeit und nannte sozialdemokratische Konzepte absolut notwendig. "Du bist unsere neue Zeit", sagte Vranitzky zu Rendi-Wagner. "Sprachlos und mit Gänsehaut" reagierte Rendi-Wagner auf diese Komplimente und bedankte sich bei Vranitzky für aufmunternde Anrufe im Wahlkampf."

"Das wird kraftvoll am Sonntag"

Die NEOS wollen mit ihrem Event ein starkes Zeichen für eine anständige Alternative setzen. "Wir haben noch 48 Stunden", rief Generalsekretär Nick Donig die Anhänger zu einem letzten Kraftakt beim Stimmenfang auf. "Ich weiß, dass das kraftvoll wird am Sonntag", zeigte sich Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger überzeugt.

Ausgestattet mit pinken Fahnen und Luftballons waren die Kandidaten und Funktionäre, die zuvor an der Klimademo teilgenommen hatten, auf den Platz beim Museumsquartier eingezogen. Mit einer pinken Hüpfburg in Einhornform, einer Band und Getränken wurde für Partystimmung gesorgt. Auf einer großen Bühne präsentierten die Kandidaten aus den Bundesländern ein letztes Mal im Schnelldurchlauf, bevor Donig Spitzenkandidatin Meinl-Reisinger unter lautem Applaus und mit den Worten "die Mutter, die Abgeordnete, die Löwin, die uns die letzten sechs Wochen gezogen hat in diesem Wahlkampf" auf die Bühne holte.

Die Grünen setzen voll auf Klimaschutz

Mit einem abschließenden Mobilisierungsaufruf haben die Grünen am Freitag den Abschluss ihres Nationalratswahlkampfs begangen. Spitzenkandidat Werner Kogler äußerte dabei im Wiener Sigmund-Freud-Park die Hoffnung, die gegenwärtig gute Stimmung für die Grünen in Stimmen umzuwandeln zu können.

Werner Kogler
Werner Kogler © APA/HELMUT FOHRINGER

"Einen glaubwürdigen, engagierten, durchaus auch kompetenten Klimaschutz, den kriegst du in der Regel nur mit den Grünen", sagte er vor einer guten Hundertschaft von Anhängern. Die vergangenen zwei Jahre hätten die Grünen im Parlament gefehlt, viele Gesetze und Verordnungen seien von einer "Allianz von Klimaleugnern und Unterlassungstätern" auf den Stand "hinter Zwentendorf" zurückgedreht worden.

Im echten politischen Leben seien die Grünen hier oft alleine an vorderster Front. Man wolle "rein ins Solarzeitalter, raus aus dem Fossilzeitalter". Kogler sah sich dabei mit den Kindern und Jugendlichen auf einer Linie, die im Zuge der "Fridays for Future" nicht mehr warten wollten: "Sie haben Recht." Bei seiner Rede hielt er ein Schild mit der Aufschrift "Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt!" in Händen.

Erinnerung an die Gründung

Der Spitzenkandidat erinnerte an den Gründungssatz seiner Partei: "Wir wollen eine solidarische Gesellschaft freier Menschen in einer intakten Umwelt." Dafür brauche es die Grünen, "dafür wollen wir wieder ins Parlament". Offensichtlich an Liste-Jetzt-Wähler war sein Aufruf gerichtet, nicht jemandem seine Stimme zu geben, der mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit gar nicht ins Parlament kommen werde.

Inhaltlich betonte Kogler seine Überzeugung, dass Umweltschutz, Gerechtigkeit und Wirtschaft unter einen Hut zu bringen seien. Diesen wolle man auch dem Parlament aufsetzen, "weil sonst ist es ein bissl nackert". Man sei zur grünen Bündnispartei geworden, einer Bewegung für Ökologie und Gerechtigkeit. Und auch gegen die "Neigungsgruppe Korruption und Rechtsextremismus" stelle man sich. Kogler: "Wir sind nicht käuflich, wir sind nur wählbar."

Vor Kogler war die Listenzweite Leonore Gewessler am Wort. Sie betonte, dass die Menschen längst verstanden hätten, worauf es angesichts der Klimakrise ankomme. "Die Mitmachbewegung der Menschen haben wir, was fehlt ist die Mitmachbewegung der Politik. Und dafür braucht es die Grünen."

Kurz warnt vor Koalition gegen ÖVP

Die ÖVP betitelte ihren Wahlkampfabschluss am Freitagvormittag in der Bundesparteizentrale mit "Auftakt zur Schlussoffensive". Spitzenkandidat Sebastian Kurz hat am Freitag abermals vor einer Koalition gegen die ÖVP gewarnt. Erzielten Rot-Grün-Pink gemeinsam nur ein Prozent mehr als bei der EU-Wahl, "dann heißt die nächste Bundeskanzlerin Rendi-Wagner (Pamela, Anm.)", erklärte Kurz vor rund 300 Sympathisanten und Funktionären vor der Parteizentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse.

Sebastian Kurz
Sebastian Kurz © AP

"Verlassen wir uns nicht auf die Meinungsumfragen", so Kurz: "Nützen wir die letzten 48 Stunden, um Menschen zu überzeugen." Er selbst werde "rund um die Uhr" unterwegs sein. Bis zum Sonntag werde er unter anderem noch in die Steiermark und nach Niederösterreich fahren und um Stimmen werben. Es gelte, die "Stimmung in Stimmen" zu verwandeln.

Der Wahlkampf sei "intensiv" gewesen. Er habe aber in zahlreichen Gesprächen "viel Rückenwind" bekommen, betonte Kurz: "Viele wollen, dass wir weiter arbeiten."

Zuvor hatte auch ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer sein Mantra "Wer Kurz will, muss auch Kurz wählen" dem türkis gewandeten Publikum zugerufen. Wer wolle, dass die konsequente Politik gegen neue Schulden und illegale Migration fortgesetzt werde, müsse bei der Volkspartei sein Kreuz machen.

Wahlkampfabschluss am Samstag

Die Liste JETZT begeht ihr offizielles Wahlkampfende erst am Samstag, nämlich um 13 Uhr im Rahmen einer Diskussion mit Richard Lugner in der Lugner City.

Noch später dran ist nur die Bierpartei, die ihre "spektakulären Wahlkampf-Events" am Wahlsonntag um 14.30 Uhr beschließt.