Auf den letzten Metern vor der Nationalratswahl bringt Heinz-Christian Strache die FPÖ erneut ins Straucheln. Statt mit Wählermobilisierung muss sich die Partei nun mit Fragen zu den Spesen ihres ehemaligen Parteichefs herumschlagen. Die Staatsanwalt bestätigte bereits die Vernehmungen von Straches Ex-Leibwächter und seiner ehemaligen Assistentin.

Die Verwirrung um Straches angebliches – prall gefülltes – Spesenkonto scheint inzwischen perfekt. Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp bestätigte das Konto, ein entsprechender Beschluss sei bereits vor 2010 im Präsidium gefallen. Doch Funktionäre wie die Wiener Listenerste Dagmar Belakowitsch und Ex-Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein wollen von einem solchen Beschluss noch nie etwas gehört haben. Strache selbst bestreitet via Facebook die Existenz des Kontos, zudem habe er der Partei stets nur berufliche Spesen verrechnet. Er wolle „diese Verleumdung“ nicht hinnehmen.

Ob der ehemals gefeierte Chef für die Partei noch länger hinnehmbar ist, fragen sich indes zahlreiche Freiheitliche. Vor allem in der Wiener FPÖ scheiden sich darüber die Geister. Funktionäre berichten von zwei Lagern, die sich seit Ibiza dort gebildet haben. Die einen wollen, dass der Ex-Chef ihre Partei in die Wien-Wahl 2020 führt, die anderen genau das um jeden Preis verhindern.

"Optik, die nicht mehr geht"

„Das wäre nun wirklich eine Optik, die gar nicht mehr geht“, sagt ein hoher Funktionär, der so kurz vor der Wahl nicht namentlich genannt werden möchte. „Strache hat kein politisches Kapital mehr. Seine Unterstützer werden auch bei uns weniger.“ Angst davor, dass Strache mit einer eigenen Liste antreten könnte, habe er nicht, erklärt ein anderer. „Wir haben doch schon beim Salzburger FPÖ-Klubchef Karl Schnell gesehen, dass solche Abspaltungen keinen Erfolg haben. Und der war dort sogar über 25 Jahre an vorderster Front.“ Auch am Finanziellen könnte eine Kandidatur scheitern, ätzt ein Funktionär aus einem Flächenbezirk. „Viel Spaß beim Antreten ohne Kapital aus der Partei.“

"Übel mitgespielt"

Straches Unterstützer singen ein anderes Lied. Ihm sei übel mitgespielt worden, pünktlich vor der Wahl komme jetzt die nächste Anschuldigung. „Anonyme Anzeigen und Ermittlungen verkommen immer mehr zum Wahlkampf-Instrument. Und meistens treffen sie uns.“ Auf die Frage, ob man mit Strache in die Wien-Wahl ziehen solle, zeigten sich viele jedoch deutlich vorsichtiger als noch vor ein paar Wochen. Denn auch sie werden in ihren Bezirken darauf angesprochen, dass die „Partei des kleinen Mannes“ dem gut verdienenden Strache üppige Spesen gegönnt haben soll.

„Der Dominik Nepp wird das sicher gut machen“, bekräftigt ein Funktionär eines anderen Flächenbezirkes. „Außerdem: Man sollte nicht zu oft die Pferde wechseln.“ Wird sich die Affäre auch auf die Nationalratswahl auswirken? „Selbst wenn die Auswirkung geringer sein sollte – jede Laus beißt.“

Führt Vilimsky die FPÖ in die Wien-Wahl?

Doch neben Nepp und Strache geistert noch ein dritter Name durch die Reihen der Wiener – und zwar der von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky. Der EU-Parlamentarier wird von manchen als bessere Option gehandelt, weil ihn die Wiener Wählerinnen und Wähler kennen und weil er deutlich mehr Erfahrung an der „Parteifront“ mitbringt. Mit ihm an der Spitze müsste man über Strache gar nicht mehr nachdenken, erklärt ein Blauer.

Im Bund macht man sich indes um Straches Ex-Chauffeur und Sicherheitsmann Sorgen, der die Spesencausa ins Rollen gebracht hat. Denn er befindet sich nach seiner Festnahme wieder auf freiem Fuß. Grund für die Freilassung soll laut Berichten sein, dass der ehemalige Leibwächter vor den Behörden ausgepackt habe. Sogar von einer Lebensbeichte soll die Rede sein. Damit könnte er zum Kronzeugen in der Ibiza- und Spesenaffäre werden. Der Polizist wurde dienstfrei gestellt.

Während bundesweit nun Unruhe herrscht, lässt die FPÖ Kärnten mit einem eigenwilligen Vorschlag aufhorchen. Per Dringlichkeitsantrag fordert die Partei bei der heutigen Landtagssitzung die Aufstellung von Grenzzäunen zu Slowenien und Italien, um vor einer drohenden Massenzuwanderung geschützt zu sein. Ein mögliches Ablenkungsmanöver wird von den Kärntner Funktionären bestritten.

Hofer bittet um Stimmen

Der neue FPÖ-Chef Hofer rief unterdessen am Donnerstag die Wähler via Facebook erneut dazu auf, trotz der Turbulenzen zur FPÖ zu stehen und bat um deren Stimme bei der Nationalratswahl am Sonntag. Die vergangenen Monate hätten gezeigt, "dass ein Netzwerk von skrupellosen Kriminellen dabei ist, den schwersten Anschlag auf unsere Demokratie in der Zweiten Republik auszuüben", schrieb der Nachfolger von Strache. Daher richte er eine "große Bitte an Sie alle": "Lassen Sie sich am kommenden Wahlsonntag von jenen Tätern nicht beeinflussen."