Wer bekommt bei der Nationalratswahl am kommenden Sonntag die Stimmen der Arbeiter? Vor allem SPÖ und FPÖ stehen sich hier als Konkurrenten gegenüber. Und vor diesem brisanten Hintergrund läuft heute, Mittwoch, im Nationalrat ein heftiges Match um die Zukunft der obersteirischen Betriebskrankenkassen, bei denen bisher rund 27.000 Industriearbeiter und deren Angehörige versichert sind.

"Schlechtere Versorgung droht"

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried und NAbg. Verena Nussbaum, früher Obfrau der steirischen GKK, fürchten deutliche Verschlechterungen: "Die Gesundheitsversorgung wird schlechter sein als bisher." Außerdem gibt es künftig vor Ort keine Ansprechpartner mehr, alles wird künftig zentral über Wien laufen. Und: Die Versicherten müssen jene Verwaltungskosten tragen, die bisher als freiwillige Sozialleistung von den Unternehmen bezahlt wurden.

Die SPÖ-Fraktion brachte deshalb (zum dritten Mal) einen Antrag ein, um diese Änderungen zu verhindern. Wortlaut: "Die bisherigen Betriebskrankenkassen werden in Betriebliche Gesundheitseinrichtungen umbenannt und sind der sachlich zuständige Krankenversicherungsträger für die Versicherten jener Betriebe, für die Betrieblichen Gesundheitseinrichtungen errichtet worden sind. Sie besitzen Rechtspersönlichkeit. Anspruchsberechtigte sind (freie) Dienstnehmer/innen, Lehrlinge, aus dem Dienstverhältnis ausgeschiedene (freie) Dienstnehmer/innen, Lehrlinge und deren Angehörige." Im Klartext: Die Betriebskassen sollten als selbständige Einrichtungen bestehen bleiben.

ÖVP und FPÖ kontern mit Stiftungslösung

Allerdings stimmten weder die ÖVP noch die FPÖ diesem Antrag zu. Die Kassen werden aufgelöst und in die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) übergeführt. Den Grund nennt der obersteirische FPÖ-Mandatar und steirische Spitzenkandidat der FPÖ für die Wahl, Hannes Amesbauer: "Das wäre ein komplettes Zurückdrehen einer Reform, die Vorteile für die Arbeitnehmer bringt." Stattdessen beschlossen ÖVP und FPÖ einen eigenen Antrag, der eine "Stiftungslösung" ermöglicht ohne dass für die Übertragung des Vermögens Abgaben anfallen.

"Alle Leistungen gesichert"

Mit dieser Lösung könne man sämtliche Ängste und Befürchtungen ausräumen, sagt Amesbauer: "Es wird eine Privatstiftung zur Betrieblichen Gesundheitsversorgung eingerichtet. Alle Zusatzleistungen für Versicherte bleiben dauerhaft gesichert. Das gesamte Vermögen der Betriebskassen bleibt in der Stiftung. Auch die Funktionäre bleiben erhalten."

"Weniger Leistung"

Nussbaum widerspricht: Das Vermögen der Kassen werde in die Stiftung übertragen, es sei ja auch das Vermögen, das von Arbeitnehmern und Arbeitgebern erwirtschaftet wurde (Zuschüsse der Allgemeinheit gab es zu diesen Betriebskrankenkassen keine). Danach sei dies allerdings nur mehr eine Art Sozialfonds, aus dem Zuschüsse aller Art gezahlt werden könnten. Der Unterschied zu bisher: Es gab etwa eine zusätzliche Art Kur, die der Chefarzt verschreiben konnte, es gab ein Zahnambulatorium in Kapfenberg, etc. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche als Leistung aus der "Betriebskrankenkasse" könne jedoch ein Fonds künftig nicht übernehmen.

Die SPÖ vermutet hinter dem Beharren auf Abschaffung der Betriebskrankenkassen durch ÖVP und FPÖ einen "Deal" mit der Industriellenvereinigung. Die ÖVP habe offenbar entsprechend Druck auf die ursprünglich durchaus kompromisswillige FPÖ ausgeübt.