Es dürfte das letzte Mal gewesen sein, dass die 183 Abgeordneten in dieser Konstellation zusammentraten: Die 89. Sitzung der 26. Gesetzgebungsperiode in der Geschichte der Republik sollte planmäßig ihre letzte sein, bevor am 23. Oktober der neu gewählte Nationalrat zur konstituierenden Sitzung zusammentritt.

Auch wenn die finanziell großen Beschlüsse wie Pensionserhöhung und Steuerreform bereits vergangene Woche erledigt worden sind, waren heute noch viele Tagesordnungspunkte offen – fünf Tage vor der Wahl wollten sich alle Parteien noch einmal in Pose werfen.

Auf die Debatte zum Thema „Runter mit den Mieten!“ folgte eine Diskussion über EU-Außengrenzschutz.

Innenminister Wolfgang Peschorn skizzierte emotionslos den Status:

  • Die westliche Mittelmeerroute (Spanien) sei stabil.
  • Die zentrale Mittelmeerroute (Italien) sei stabil.
  • Die östliche Mittelmeerroute (Griechenland) sei ein Problem: Die Instabilität im Iran, in Syrien, in Afghanistan führe zu erhöhtem Migrationsdruck, rund 100.000 Asylsuchende hielten sich derzeit in Griechenland auf und warteten auf die Weiterreise.

Peschorn skizzierte auch den Lösungsansatz in klaren Worten:

  • Es brauche ein System, das von ALLEN europäischen Staaten mitgetragen, Regeln die von allen eingehalten werde.
  • Ein System für die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas allein sei keine nachhaltige Lösung, weil es Schlepper motiviere und noch mehr Flüchtlinge anziehe.
  • Es brauche zusätzlich eine effiziente Verfahrensprüfung an der Außengrenze, mit der Wahrung aller Rechte für die Flüchtlinge und rasche Entscheidung.
  • Es brauche die Sicherung der Außengrenze, mit voller Unterstützung der EU für die Staaten an der Außengrenze, und eine bessere Kontrolle über alle Ein- und Ausreisen aus Drittstaaten.
  • Und es brauche eine breite Kooperation mit Drittstaaten, die politischen und wirtschaftlichen Fluchtursachen müssten bekämpft und Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden.

Peschorn zu den Folgen der ungelösten Fragen für Europa, insbesondere in Sachen Reisefreiheit: "Unsere Regeln funktionieren derzeit nicht mehr, die Staaten vertrauen einander nicht mehr. Wir schaffen neue Grenzen durch neue Kontrollen. Wir brauchen Regeln, die alle einhalten, sonst werden wir es nicht mehr schaffen ohne Grenzkontrollen."

Danach war Wahlkampf: Die ÖVP (Reinhold Lopatka) bemühte sich darzustellen, dass sie die Wende geschafft habe von der Verteilungsfrage hin zum Schutz der Außengrenze. Die SPÖ (Jörg Leichtfried) bezeichnete die türkis-blaue Regierung als gescheitert: "Sie haben nicht geliefert." Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) selbst habe es, in der Zeit der EU-Ratspräsidentschaft", zu verantworten gehabt, dass die Aufstockung der Frontex-Truppen zur Grenzsicherung um 10.000 Mann von 2020 auf 2027 verschoben wurde. Kickl hatte in seinem Statement kritisiert, dass Österreich "Stück für Stück abweicht von einer strengen Asylpolitik".

Claudia Gamon (Neos) urgierte mehr Mittel für die Bekämpfung der Fluchtursachen - genau diese Mittel seien in der Vergangenheit empfindlich gekürzt worden. Und Peter Pilz zog gewohnt pointierte Vergleiche: Die Mittel für das World-Food-Programm, die Österreich 2018 beigesteuert habe, beliefen sich auf die Summe von 1,8 Millionen Euro. Österreich liege damit hinter Burkino Faso an 41. Stelle. Genau gleich hoch sei die Summe der Spesen und Gehälter für Parteichef Norbert Hofer, Ex-Innenminister Herbert Kickl und Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache. Und 33mal so hoch sei die Summe der Parteienförderungsgelder, die die ÖVP 2018 aus öffentlichen Mitteln bezogen habe.

Schuldenbremse

Danach geht es budgetär ans Eingemachte: ÖVP, FPÖ und Neos wollen eine „Schuldenbremse“ in die Verfassung schreiben: Demnach dürfte das jährliche Defizit des Bundes maximal 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen, jenes von Ländern und Gemeinden höchstens 0,1 Prozent – was die anderen Parteien mit Verweis auf dringend nötige Investitionen ablehnen. Während die drei Parteien im Nationalrat die notwendige Zweidrittelmehrheit haben dürften, wird die Initiative aber wohl am rot-grünen Sperrdrittel im Bundesrat scheitern: Weil die Länder durch die Bestimmung eingeschränkt würden, müsste auch dieser mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen.

Gleichzeitig behandelt werden ein Antrag der FPÖ, die das Recht auf Bargeld in die Verfassung schreiben will, und der Bundesrechnungsabschluss.

Heftige Debatten stehen danach zu den Abschlussberichten der Untersuchungsausschüsse zu BVT und Eurofighter an. Danach arbeiten ÖVP und FPÖ noch mehrere Vorhaben aus der Zeit der gemeinsamen Regierung ab: Ein Gewaltschutzpaket und das Öl-Kessel-Verbot sollten durchgehen. Auch wollen die Ex-Partner den Kulturminister verpflichten, in Sachen Heumarkt auf die Stadt Wien einzuwirken, damit sie das Weltkulturerbe bewahrt.

Danach folgen mehrere Entschließungsanträge der ehemaligen Opposition, etwa der Neos, die wollen, dass sensible nachrichtendienstliche Aufzeichnungen von Gerichten geprüft werden sowie dass das Extremismusreferat des BVT aufgestockt wird. Die SPÖ will mehr Geld für Gleichbehandlungsanwaltschaft und VKI sowie ein Recht auf Pflegekarenz. Danach werden sich alle Parteien außer der FPÖ für den „Klimanotstand“ aussprechen.

Ein Wehrrechtsgesetz bringt formale Änderungen und mehr Kompetenzen für Heeres-Nachrichtendienste, ein Gesetz zugunsten der Pharmazeutischen Gehaltskasse soll das Arbeitsrecht dort erleichtern.
Enden wird die Periode mit einer praktisch sinnlosen Neuwahl der Ausschüsse, weil sich durch den Ausstieg von Grün-Kandidatin Alma Zadic aus dem Jetzt-Klub die Kräfteverhältnisse geändert haben.