ÖVP-Chef Sebastian Kurz will seine Partei nicht vorzeitig in die Siegerrolle für die Nationalratswahl drängen lassen. "Ich glaube, dass es deutlich enger werden wird", sagte er am in der ORF-"Pressestunde" zu Umfragen, die die Volkspartei mehr als zehn Prozent vor den Verfolgern sehen. Seine Sorge sei, dass es eine Mehrheit an der ÖVP vorbei gebe.

Die Wahlkampfgrenze von sieben Millionen wird die ÖVP laut Kurz einhalten. Seine Partei soll innerhalb von fünf Jahren schuldenfrei sein.

Gegen Verlängerung des Wehrdienstes

Der alarmierende Bericht zur finanziellen Ausstattung des Bundesheeres war auch Thema der  Pressestunde. Eine Woche vor der Nationalratswahl plädierte Kurz für eine Erhöhung des Heeresbudgets, das derzeit bei rund zwei Milliarden Euro liegt und damit bei 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Forderung, dass dieser Anteil auf ein Prozent steigen soll, unterstützt Kurz grundsätzlich, "das ist aber nicht sofort zu erreichen", sondern mittelfristig. Klar sei aber, dass es etwa mehr Geld für Gerätschaften, Katastrophenschutz und die Miliz brauche. Der neu entbrannten Debatte, wonach der Wehrdienst wieder von sechs auf acht Monate angehoben werden soll, kann Kurz nichts abgewinnen. "Ich plädiere dafür, dass die derzeitige Lösung mit sechs Monaten bleibt." Man sollte "nicht dauernd alles hin- und herdrehen", so Kurz unter Verweis auf die lange Debatte, die einst der Verkürzung der Wehrdienstzeit vorangegangen war.

"Es ist gekommen, wie es kommen musste"

Zu den jüngsten Beschlüssen im Nationalrat, die insgesamt hohe Kosten verursachen werden, hielt Kurz noch einmal fest: Die ÖVP habe im Mai den Vorschlag unterbreitet, dass vor der Wahl keine Beschlüsse mehr gefasst werden sollten, die budgetwirksam werden. Unterstützung gab's aber nur von den Neos, "daher ist es so gekommen, wie es kommen musste im Spiel der freien Kräfte". Dass auch die ÖVP der Pensionserhöhung zugestimmt hat, verteidigt Kurz. "Wir haben die kleinen Pensionen ganz bewusst stärker erhöht", so Kurz. Es gehe hier um Pensionen, die unter 1000 Euro im Monat liegen.

Das habe nichts mit dem Wahlkampf zu tun, "das halte ich für richtig und würde ich auch in der Legislaturperiode machen". Diese Pensionsanpassung gehe sich auch budgetär aus, "andere Beschlüsse, bei denen wir nicht mitgestimmt haben", werden das Budget indes belasten, man werde hart arbeiten müssen. Dennoch stellt Kurz in Aussicht, dass er, sollte er wieder eine Regierung anführen, bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode die Steuer- und Abgabenquote unter 40 Prozent senken und auch den Schuldenstand verringern werde.

"Kandidieren ja nicht um Amt des Schulsprechers"

Die Kritik der SPÖ, dass die ÖVP bei den Maklergebühren"unehrlich" gewesen sei, lässt Kurz nicht gelten. Man habe immer gesagt, dass künftig immer der Beauftragenden die Maklergebühren bezahlen sollen und nicht immer die Mieter. Dieses Modell, das auch in Deutschland gilt, sei das Ziel, man habe auch einen Entschließungsantrag im Nationalrat eingebracht. Dem SPÖ-Antrag habe man nicht zugestimmt. 

Das Thema "Unehrlichkeit", dass SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner - auf Kurz gemünzt - in der Pressestunde auf Tapet gebracht hatte, quittierte Kurz mit viel Kritik. Rendi-Wagner hatte etwa gemeint, dass Kurz einmal sage, er stamme aus Meidling und dann wieder, dass seine Herkunft das Waldviertel sei. "Ich komme aus Meidling und eben ursprünglich aus dem Waldviertel, wo die Familie einen Bauernhof hat und ich viele Jahre meiner Kindheit verbracht habe." Kurz kritisiert, dass er es nicht nachvollziehen könne, worüber man in diesem Wahlkampf teilweise spreche. "Wir kandidieren ja nicht um das Amt des Schulsprechers." Kurz spricht von Skandalisierung und Angriffen auf der persönlichen Ebene.

Kurz zeigte sich verärgert darüber, dass Rendi-Wagner noch immer behauptet, er hätte seinen Pressesprecher angewiesen, die Presse über eine fiebrige Erkrankung von FP-Obmann Norbert Hofer vor TV-Duellen zu informieren: "Was hätte ich davon gehabt", frage Kurz in die Runde und betonte auch, dass mittlerweile erwiesen sei, dass die Aussage Rendi-Wagners nicht stimme.

Keine Festlegung auf Koalition

In der Koalitionsfrage legte sich Kurz wie üblich nicht fest. Es gebe niemanden in der ÖVP in einer Verantwortungsposition, der dafür sei, die FPÖ per se auszuschließen, sagte der Altkanzler, auch wenn er skandalträchtige Aussagen und Kontakte von Freiheitlichen mit den Identitären "grauslig" finde. Eine Minderheitsregierung schloss Kurz nicht aus, betonte aber, dass das nicht seine Lieblingsvariante wäre. Diese wäre viel mehr eine stabile Koalition mit guter Arbeit für Österreich.

Einmal mehr wies er daraufhin, dass noch nicht klar sei, ob sich in der FPÖ das Lager um Parteichef Norbert Hofer oder jenes um Ex-Innenminister Herbert Kickl durchsetzen werde. Hofer habe in der Koalition immer Gemeinsames über Trennendes gestellt, bei Kickl sei genau das Gegenteil der Fall gewesen.

Nicht äußern wollte sich Kurz dazu, ob er Kickl in einer Koalition als freiheitlichen Fraktionschef akzeptieren würde. Er mache keine "Waswärewenn-Spiele über Klubobmänner anderer Parteien". Lediglich bei seiner Partei wisse er, dass August Wöginger seinen Posten als Klubchef behalten werde.

Kurz schließt Klima-Strafen aus

Einer CO2-Steuer erteile Kurz eine Absage, setzen will er weiter auf eine Wasserstoff-Offensive als Teil eines Maßnahmen-Mix. Ausgeschlossen wurde vom früheren Regierungschef, dass Österreich wie befürchtet hohe Bußen wegen Verfehlung der Klimaziele wird leisten müssen: "Die Strafen werden definitiv nicht fällig werden."

"Lassen sie ihn doch den Witz machen"

Dass VP-Klubchef August Wöginger wegen einer eher scherzhaften Aussage bei einer Wahlveranstaltung, wonach es nicht gehe, dass die Kinder nach Wien gingen und dann nicht mehr ÖVP sondern grün oder türkis wähle, in die Kritik geraten war, focht Kurz nicht sonderlich an: "Lassen sie ihn doch den Witz machen." Der Wahlkampf sei ohnehin geprägt von totalem Wahnsinn und permanentem Hickhack, da störe ihn eine humorvolle Äußerung nicht.