Die sprichwörtlichen "Wuchteln" flogen tief, als am Dienstagabend die Parteichefs der Nationalratsparteien - und der Grüne Werner Kogler - erstmals in diesem Wahlkampf aufeinander trafen. Über weite Strecken hieß es "alle gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz". Doch es wurde deutlich, dass sich Kurz und Norbert Hofer nach der Wahl eine neue ÖVP-FPÖ-Koalition vorstellen könnten.

Ex-Kanzler Kurz warnte allerdings vor Anderem: Ibiza habe zu einer Staatskrise geführt, jetzt drohe nach der Wahl "eine Koalition links der Mitte" aus SPÖ, Grünen und Neos - und zwar "unabhängig davon, wer auf Platz eins liegt". Damit verbindet Kurz die Gefahr, "dass unser Land in eine andere Richtung abbiegt".

Paartherapie

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sieht das anders. Nach einem Geplänkel zwischen FPÖ-Chef Norbert Hofer und Kurz erntete sie mit folgendem Sager Applaus: "Das ist eine Paartherapie wie in Ihrem Video, ich hoffe, dass das nicht so weitergeht." Kurz hatte zuvor erklärt, Hofer agiere  zwar "extrem freundlich", aber im Internet gebe es "Angriffe und Untergriffe, da sind der Herbert Kickl und andere am Werk".

Meinl-Reisinger nimmt FPÖ in Schutz

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger griff dann in die Vollen: Alle anderen Parteien hätten nichts gelernt aus Ibiza. "Die Korruptionsneigung von zwei FPÖ-Spitzenrepräsentanten ist ja evident gewesen." Doch das Verbergen von Spenden, vorbei am Rechnungshof, sei "lang gelebte Praxis von SPÖ und ÖVP" gewesen - "und die FPÖ nehme ich da in Schutz, die hat es halt genauso gemacht". Das neue Parteienfinanzierungsgesetz habe nichts am Grundproblem geändert.

Pilz: "Zwei Ibiza-Parteien"

Noch kantiger dann Peter Pilz: "Herr Kurz, Sie wissen am Besten, wie man Tarnvereine einrichtet und Spuren verwischt." Und weiter: Es gebe nicht bloß eine Ibiza-Partei, sondern zwei - "eine patscherte und eine hoch professionelle" (gemeint: FPÖ und ÖVP, Anm.). "Und ich habe die große Befürchtung, dass sich die Patscherten und die Profis nach der Wahl wieder zusammentun."

Darauf der Konter von Kurz: "Der Herr Pilz wie er leibt und lebt! Ich weiß nicht, ob er uns abgehen wird, wenn er nicht mehr im Parlament vertreten ist."

Kogler gegen Dieselprivileg

Sachlicher wurde es dann bei Maßnahmen gegen den Klimawandel: Grünen-Chef Kogler will "über Nacht" die Abschaffung des Dieselprivilegs und die Besteuerung von Flugbenzin, die Grünen hätten einst als Erste eine ökologische Steuerreform erarbeitet. Es sei "Wahnsinn", Flughäfen und Autobahnen auszubauen. Darauf Hofer: "Auch Elektroautos brauchen eine Autobahn." Sein 140-km/h-Projekt verteidigte er mit dem Hinweis, der Anteil an E-Autos müsse eben steigen: "Beim Railjet freuen Sie sich auch, wenn er 250 km/h fährt, weil er eben elektrisch ist."

Rendi-Wagner mit dem Klimaticket

Rendi-Wagner plädierte für eine ökosoziale Steuerreform, eine CO-2-Steuer hätte aber schädliche soziale Nebenwirkungen. Deshalb will sie "ein Öffi-Klimaticket um einen Euro pro Tag in ganz Österreich". Kurz will bei Transit und Tanktourismus ansetzen und tritt für "CO-2-Zölle" ein, um klimaschädliche Importe zu verteuern.

"Dann lassen wir es"

Gefragt nach der Höhe der Klima-Investitionen, die aus seiner Sicht in der nächsten Legislatur notwendig seien, wollte er keine Zahl nennen. Darauf Moderator Peter Webhofer trocken: "Wenn Sie's nicht sagen können, dann lass' ma's."

Kurz: Pflegeversicherung aus Unfall-Geldern

Nächstes Thema Pflege: Kurz will die Pflege zuhause stärker unterstützen. Dazu eine Pflegeversicherung als fünfte Säule der Sozialversicherung, finanziert teilweise durch Umschichtung aus der Unfallversicherung, da die Berufsunfälle rückläufig sind. Rendi-Wagner führte eine "staatliche Pflegegarantie" und bundesweite "Pflegeservicestellen" ins Treffen. Gegenfinanzierung? "Aus einer Millionärsabgabe." Hofer wandte sich gegen neue Steuern, er hält keine neue Finanzierung für erforderlich. Denn Österreich habe in Spitälern doppelt so viele Akutbetten wie im EU-Schnitt. Die Hälfte dieser Betten solle man in Pflegebetten umwandeln: "Es liegen bei uns oft Menschen im falschen Bett."