März 2017. Heinz-Christian Strache wird am Parteitag vor der Nationalratswahl mit mehr als 98 Prozent der Stimmen als Parteichef und Spitzenkandidat bestätigt, jubelnde Funktionäre klopfen „dem Heinz“ auf die Schulter. Zwei Jahre, ein Ibiza-Video und eine geplatzte Koalition später ist alles anders. Heute blicken viele Blaue dem Parteitag in dreieinhalb Wochen mit besorgten Gesichtern entgegen. Denn viele von ihnen fürchten, dass der gefallene Obmann die Partei spalten könnte.

Strache hatte mit seiner jüngsten Medienoffensive für Unruhe in den freiheitlichen Reihen gesorgt. Statt schuldbewusst gab er sich angriffslustig, teilte gegen den ÖVP-Chef und blauen Wunsch-Koalitionspartner Sebastian Kurz aus und kündigte sein politisches Comeback an. Der neue Parteichef Norbert Hofer bemühte sich daraufhin gegenüber Ö1 umgehend um Beschwichtigung, Herr Strache sei nun eine „Privatperson“, die damit auch nicht die Linie der Partei, sondern seine „Privatmeinung“ kundtun würde. Parteimitglieder bestätigen jedoch, dass die Stimmung seither gereizt ist.

"Spricht Hofer Machtwort, ist der Streit da"

„Die FPÖ befindet sich da wirklich in einer schwierigen Situation“, bestätigt auch Parteiideologe Andreas Mölzer im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. „Strache ist empört darüber, dass ihn die Parteiführung im Regen stehen lässt, und deshalb geht der liebe Heinz jetzt in die Offensive.“ Strache dränge zurück in die Politik, weshalb er nach dem Vorbild des ehemaligen Parteichefs und Landeshauptmannes Jörg Haider versuche, seine Fans in den blauen Reihen zu mobilisieren. Das bringe seinen Nachfolger Hofer laut Mölzer in Bedrängnis. „Wenn dieser jetzt ein Machtwort sprechen würde – was ich ihm nicht rate – und Strache Parteiverbot erteilen würde, dann ist der Streit wirklich da.“

Und genau diesen Streit will die FPÖ-Führungsriege vor ihrem Parteitag am 14. September tunlichst vermeiden. Zu frisch ist die Erinnerung an das Jahr 2002, als in Knittelfeld die Partei implodierte. Der Einfluss Straches ist vor allem in Wien noch immer groß, viele Funktionäre würden ihn dort gerne bei der Landtagswahl im nächsten Jahr antreten sehen. Laut Parteiinsidern greife Hofer Strache nun auch deshalb mit Samthandschuhen an, um diesen nicht zu weiteren Aktionen zu verleiten, die den Parteifrieden gefährden könnten. Unter anderem werden „der Privatperson“ Strache deshalb Büro und Mitarbeiter von der Partei zur Verfügung gestellt.

"Problemkinder" Strache und Kickl

Doch ein entfesselter Strache ist derzeit nicht der einzige Stressfaktor für Parteichef Hofer, erklärt der Politikwissenschaftler Fritz Plasser. Auch Ex-Innenminister Herbert Kickl habe sich zum Problem für Hofer entwickelt. „In der Partei selbst ist Kickl die Nummer eins, er sagt, wo es inhaltlich langgeht. Aktuell arbeitet man nicht gegen Hofer, sollte er aber die Richtung der Partei eigenhändig ändern, hätte das Widerstand zur Folge.“ Beide „Problemkinder“ von Hofer eint laut Plasser „Starrsinn und teils sogar Realitätsverlust“, denn Strache wolle zurück ohne vorherige Aufklärung des Videos und Kickl bestehe auf ein Ministerium, aus dem er entlassen wurde.

Sie sorgen jedoch auch für ein drittes Hofer-Problem – ÖVP-Chef Sebastian Kurz. „Dieser ist die einzige Möglichkeit für die FPÖ, wieder in eine Regierung zu kommen. Aber die ÖVP stellt nun Koalitionsbedingungen auf, mit denen sich die FPÖ schwertut.“

Wenn es Hofer in den wenigen verbleibenden Wochen vor der Wahl nicht gelingt, vor allem für Strache eine Lösung zu finden, „dann könnten sich die Chancen der FPÖ auf die ersehnte Neuauflage der türkis-blauen Koalition minimieren“.